Neuer Werkstoff Graphan - Wenn Kohlenstoff Jagd auf Wasserstoffionen macht
"Die Ergebnisse zeigen, dass die Umwandlung von Graphen in andere gigantische Moleküle mit einer regelmäßigen Struktur möglich ist", berichten Konstantin Novoselov und seine Kollegen von der University of Manchester. Das ist nicht selbstverständlich, da Graphenschichten nur sehr widerspenstig Bindungen mit anderen Atomen eingehen und als weitestgehend chemisch inert gelten. Doch zusammen mit niederländischen und russischen Kollegen gelang es dem Physiker, gezielt Wasserstoffatome in die streng symmetrische Maschendraht-Struktur der dünnen Kohlenstoffschichten einzubauen. Das Ergebnis: das neue Material Graphan.
Für diese Umwandlung von Graphen, die bereits vor zwei Jahren von dem Physiker Jorge Sofo an der Pennsylvania State University theoretisch vorhergesagt wurde, griff das Team um Novoselov zu einem heißen Entladungsplasma aus Argon und Wasserstoff. In diesem trennten sich die gepaarten Wasserstoffmoleküle zu einzelnen Ionen auf. Diese zeigten sich so reaktiv, dass sie die stabilen Kohlenstoff-Bindungen im Graphen aufbrechen und sich in die hauchdünnen Schichten einnisten konnten. Das so geschaffene Graphan blieb selbst bei Raumtemperatur stabil. Erst wenn das Material auf bis zu 450 Grad aufgeheizt wird, löst sich der Wasserstoff wieder und lässt reine Graphenschichten zurück.
Mit zahlreichen Spektroskopie-Methoden wiesen die Physiker den Einbau der Wasserstoffatome nach. Konnten sich zuvor Elektronen frei über die Graphenschichten bewegen, mussten sie nun über die angedockten Wasserstoffatome hinweghüpfen. Die Folge: Die elektrische Leitfähigkeit verringerte sich und konnte über die Menge des Wasserstoffs gezielt variiert werden. Genau diese Eigenschaft macht Graphan nun noch interessanter für neue Schaltkreise als das pure Graphen. "Das extrem dünne Material mit einer Energiebarriere wird wahrscheinlich Nutzen für die Nanoelektronik nach sich ziehen", schreibt Alex Savschenko.
Auch als sicherer Speicher für Wasserstoff - eingebaut in Brennstoffzellenautos - könnte sich Graphan eignen. Trotz seines geringen Eigengewichts kann es viel von dem energiereichen Gas binden und bei Bedarf wieder abgeben. Nun gilt es, die Eigenschaften von Graphan näher zu untersuchen. Parallel gilt es, ein Syntheseverfahren zu entwickeln, das ohne die aufwändige Spaltung der Wasserstoffmoleküle in einem Plasma auskommt.