Nährwertangaben auf Lebensmitteln werden weniger beachtet als gedacht

Zentrale Platzierung der Info-Tabellen lässt Verbraucher eher und länger hinschauen
Twin Cities (USA) - Die wenigsten Verbraucher nutzen die Nährwertangaben auf Lebensmittelverpackung so ausgiebig, wie sie denken. Diese Annahme bestätigt eine US-Studie, in der die Forscher die Selbsteinschätzung von Probanden mit der tatsächlichen Beachtung verglichen. Das Fazit aus ihrem Experiment mit am Computer simulierten Einkaufserlebnissen: Vor allem auffällig in der Mitte der Produktverpackung platzierte Angaben bekommen Aufmerksamkeit. Außerdem lesen die Verbraucher häufig lediglich die obersten Zeilen, berichten die Forscher im "Journal of the American Dietetic Association".

"Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass Verbraucher eine endliche Aufmerksamkeitsspanne für Nährwertangaben haben: Obwohl sich die meisten Verbraucher die Kennzeichnungen ansehen, schauen sich nur die wenigsten auch sämtliche Einzelheiten an", sagen Dan J. Graham und Robert W. Jeffrey von der University of Minnesota, Twin Cities. Diese Beobachtungen würden sich deutlich von der Selbstwahrnehmung unterscheiden, bei der die Probanden ihr alltägliches Verhalten beim Einkaufen im Supermarkt angeben sollten. Graham und Jeffrey hatten rund 200 Freiwillige zu einem am Computer simulierten Einkauf gebeten, in dem sie ihnen 64 unterschiedliche Lebensmittelprodukte auf dem Bildschirm präsentierten. Jede Ansicht enthielt drei Elemente in drei Spalten - Nährwertangaben, ein Bild und eine Liste der Inhaltsstoffe sowie eine Beschreibung des Produktes mit Preis und Menge. Während die Probanden den Bildschirm betrachteten, zeichneten die Forscher deren Augenbewegungen auf. So konnten sie analysieren, wie viel Aufmerksamkeit Einzelheiten gewidmet wurde. Außerdem befragten sie die Teilnehmer, wie sehr sie - nach ihrer eigenen Einschätzung - welchen Nährwertangaben beim Einkaufen Beachtung schenken.

Es stellte sich heraus: Die Aufmerksamkeit, die die Probanden dachten, den Bezeichnungen zu widmen, lag deutlich über der objektiv gemessenen. So sagten zum Beispiel jeweils rund 30 Prozent der Befragten, dass sie fast immer auf die Kalorien- beziehungsweise auf die Fettangaben in den Nährwerttabellen achteten. Tatsächlich schauten im Bildschirmexperiment aber nur 9 Prozent auf die Kalorien und lediglich 1 Prozent auf andere Werte wie Fett oder Zucker. Die Teilnehmer lasen die Nährwertangaben vor allem dann, wenn sie in der mittleren Spalte standen und damit im Zentrum der Aufmerksamkeit. An dieser Stelle wurden die Tabellen mehr als 30 Prozent länger beachtet als rechts oder links. Und die oberen Bereiche der Angaben wurden eher gelesen als die unteren.

Den gesamten Nährwerttabellen widmeten die Probanden zum Teil wiederum sogar mehr Aufmerksamkeit als sie dachten. Dies hatten die Forscher nicht erwartet, aber sie schreiben es der Tatsache zu, dass man auf dem echten Produkt im Supermarkt die Angaben mitunter erst noch umständlich suchen muss. Im Experiment dagegen wurden die Angaben direkt präsentiert und waren damit leichter zugänglich. Alles in allem bestätigen die Ergebnisse die Annahme, dass die Platzierung der Tabellen selbst und auch die Platzierung der einzelnen Werte innerhalb der Tabellen entscheidend sind, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erregen. Auch legen sie nahe, dass alternative Darstellungsweisen wie etwa die Nährwert-Ampel sowie deren jeweilige Position auf den Produkten gut durchdacht sein wollen. Ein Vorteil der Ampel könnte dabei in einer guten Übersichtlichkeit durch die Farbcodierung liegen.

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Quelle: "Location, Location, Location: Eye-Tracking Evidence that Consumers Preferentially View Prominently Positioned Nutrition Information", Dan J. Graham, Robert W. Jeffery; Journal of the American Dietetic Association, doi: 10.1016/j.jada.2011.08.005


 

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