Mitleid erregende Roboter

Mit Hirnscans belegt: Menschen können tatsächlich Empathie für technische Konstrukte entwickeln
Es berührt, wenn ein kleiner Roboter getätschelt oder misshandelt wird.
Es berührt, wenn ein kleiner Roboter getätschelt oder misshandelt wird.
© Astrid Rosenthal-von der Pütten
London (Großbritannien) - Angefangen bei wahren Klassikern wie R2-D2, C-3PO oder Nummer 5 über Disney’s Aufräumroboter WALL-E bis hin zu Bumblebee und den anderen Autobots aus Transformers – in unzähligen Filmen lassen Roboter den Zuschauer wie selbstverständlich mitfühlen. Dass diese Charaktere lediglich Maschinen sind, noch dazu fiktive, scheint keine Rolle zu spielen. Doch das ist nicht nur beim Filmschauen so. Menschen entwickeln auch in der Realität Mitleid und Empathie für technische Konstrukte, berichteten Forscher von der Universität Duisburg-Essen jetzt auf der „63rd Annual International Communication Association Conference“ in London. Ihre Experimente belegen: Wird ein kleiner Roboter malträtiert, sind bei den Zuschauern körperliche Reaktionen festzustellen und sie fühlen sich angesichts der Misshandlung nicht gut. Außerdem lösen Szenen, in denen Menschen oder Roboter mit Zuneigung beziehungsweise Gewalt bedacht werden, jeweils ähnliche Gehirnaktivitäten aus – was nahe legt, dass beide Situationen ähnliche Gefühle auslösen.

„Ein Ziel der aktuellen Robotik-Forschung ist es, Roboter-Begleiter zu entwickeln, die eine langfristige Beziehung zu einem menschlichen Nutzer aufbauen, weil sie zweckmäßige und nützliche Werkzeuge sein können“, erläuterte Astrid Rosenthal-von der Pütten. „Sie können Senioren bei alltäglichen Aufgaben zur Hand gehen und ihnen so ermöglichen, länger eigenständig zu Hause zu leben, behinderten Menschen helfen, in ihrer Umgebung zurechtzukommen oder Patienten während der Rehabilitation unterstützen.“ Rosenthal-von der Pütten und ihre Kollegen untersuchten daher in zwei Experimenten, wie es um die mögliche emotionale Bindung zu einem Roboter bestellt ist.

In einem Test präsentierten sie vierzig Probanden Videos, in denen ein kleiner Dinosaurier-Roboter entweder liebevoll oder äußerst grob behandelt wurde. Dazu befragten die Forscher die Teilnehmer nach deren Empfindungen und maßen die physiologische Erregung beim Schauen der Filme. Tatsächlich fanden sich eindeutige Hinweise darauf, dass die Teilnehmer einfühlsam besorgt waren und Mitleid mit dem Roboter empfanden: Während des Betrachtens der Gewaltszenen zeigten sich stärkere körperliche Reaktionen und die Befragten berichteten danach häufiger, sich schlechter zu fühlen.

Im zweiten Experiment beobachteten die Forscher mittels funktioneller Magnetresonanztomographie die Hirnaktivität von 14 Testpersonen, während diese Filme mit unterschiedlichem Inhalt sahen. Wurde der Dino-Roboter in einer Filmsequenz herzlich behandelt, gefüttert und gestreichelt, war er in einer anderen Opfer roher Gewalt. In weiteren Videos wurden dieselben beiden Situationen nochmals thematisiert. Nur war dann eine Frau das Ziel freundlicher Zuwendungen wie einer Nackenmassage oder einer Umarmung beziehungsweise äußerst brutaler, tätlicher Übergriffe. Auch präsentierten die Forscher den mal netten, mal zerstörerischen Umgang mit einer Pappbox. Als Kontrollsituation diente eine emotional neutrale visuelle Suchaufgabe. Rosenthal-von der Pütten und ihre Kollegen stellten fest: Zwischen der einfachen Kontrollaufgabe und den emotional beladenen Videoszenen bestehen eindeutige Unterschiede in den Reaktionen im Hirn. Die Beobachtung von Szenen, in denen Menschen beziehungsweise Roboter fürsorglich behandelt oder misshandelt wurden, führte zu jeweils vergleichbaren Aktivitätsmustern im limbischen System. Diese ähnliche Hirnaktivität legt nahe, dass ähnliche Gefühle ausgelöst werden, gleich ob Mensch oder Maschine im Zentrum einer emotionalen Handlung stehen.

„Beide Studien zeigen zusammenhängend, dass der emotionale Zustand der Probanden von Videos beeinflusst wird, die eine herzliche oder gewalttätige Interaktion eines Menschen mit einem Roboter zeigen“, fassen die Autoren ihre Ergebnisse zusammen. Kein Wunder also, wenn man im Kino mit der ein oder anderen liebenswerten Blechdose mitfühlt. Verglichen die Forscher allerdings allein die Hirnreaktionen auf die Gewaltszenen, waren diese bei menschlichen Misshandlungsopfern stärker als bei Robotern, was auf eine noch größere Anteilnahme schließen lässt. Der Mensch steht eben letztlich doch näher als die Maschine.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Investigation on Empathy Towards Humans and Robots Using Psychophysiological Measures and fMRI”, Astrid Rosenthal-von der Pütten, Nicole Krämer; 63rd Annual International Communication Association Conference, London (5508 Paper Session, 3:00 to 4:15 pm)


 

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