Menschliches Gehirn ist ein Medienzentrum

Dort, wo das Gehirn bekanntermaßen Sprache verarbeitet, verarbeitet es auch Gesten, Pantomime, Symbole, Töne und Geräusche
Bethesda (USA) - Am Anfang war die Geste und das Symbol. Erst dann entwickelte sich die Sprache. Doch bis heute werden Gesten, Symbole und Sprache in denselben Gehirnregionen verarbeitet - vorausgesetzt, sie sind sinnhaltig. Dies schlussfolgern jetzt amerikanische Forscher aus Untersuchungen zur Gehirnaktivität bei der Verarbeitung von Gesten, Symbolen und Sprache. Ihre Erkenntnisse haben die Wissenschaftler in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) veröffentlicht.

Es gibt Hand- und Körperbewegungen, die ihre ganz eigene Bedeutung haben, ohne in Sprache übersetzt werden zu müssen: Jemandem, der sich mit der Hand über die Stirn wischt, ist es offenkundig zu heiß. Das verstehen Menschen über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg. Symbole wie "den Vogel zeigen" werden dagegen in Sprach- und Kulturgemeinschaften gelernt und werden außerhalb dieser Gemeinschaften nicht oder anders verstanden. Und dann gibt es noch die Gebärden, derer sich Gehörlose bedienen und die einer eigenen Syntax folgen. Das alles und die menschliche Sprache werden in den inferioren frontalen und posterioren temporalen Gehirnarealen verarbeitet, wie das Team um Allen Braun vom National Institute on Deafness and other Communication Disorders (NIDCD) jetzt durch Experimente herausgefunden hat.

Hierzu ließen die Forscher 20 Versuchspersonen (neun Männer und elf Frauen) zahlreiche Videoclips ansehen, in denen etwas durch Hand- oder Körperbewegungen, Symbole, Gebärden oder Sprache ausgedrückt wurde. Währenddessen wurde die Gehirnaktivität der Probanden mit Hilfe der Magnetresonanztomografie aufgezeichnet. Eine Kontrollgruppe von Probanden sah Videoclips mit Nonsense-Sprache sowie Gesten und Symbolen, die keine Bedeutung hatten. Es zeigte sich, dass alles, was eine Bedeutung hatte - gleich, ob Geste, Symbol, Gebärde oder Sprache - in den gleichen Gehirnregionen verarbeitet wurde. Davon zeugt die beobachtete Gehirnaktivität der Versuchspersonen während der Aufgabe.

Die Forscher vergleichen diese Bereiche des menschlichen Gehirns mit einer sehr intelligenten Suchmaschine, die bei einer Anfrage sofort Bedeutungen in Form von Sprache, Symbolen oder Gesten bereitstellt.

"Unsere Ergebnisse passen zu einer lange bestehenden Theorie, die sagt, dass die gemeinsamen Vorfahren aller Menschen und Affen durch bedeutungsvolle Gesten kommunizierten und dass mit der Zeit diese Gehirnregionen, die die Gesten verarbeiteten, sich immer mehr befähigten, auch Laute mit Bedeutungen zu verarbeiten", erklärt Allen Braun. "Wenn diese Theorie richtig ist, dann sind unsere Sprachareale tatsächlich die Überreste eines uralten Kommunikationssystems. Und dieses System verarbeitet auch weiterhin die Bedeutung von Gesten, daneben aber auch menschliche Sprache."

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Quelle: "Symbolic gestures and spoken language are processed by a common neural system", Jiang Xu, Patrick J. Gannon, Karen Emmorey, Jason F. Smith, Allen R. Braun, PNAS, http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0909197106


 

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