Mädchen spielen lieber mit Puppen – aber warum?

Biologische Ursache bleibt ungeklärt: Hormone und Bewegungsdrang beim Spielen entscheiden nicht über die Wahl des bevorzugten Spielzeugs bei Kleinkindern
Kuscheltiere werden von Mädchen und Jungen gleichermaßen geliebt.
Kuscheltiere werden von Mädchen und Jungen gleichermaßen geliebt.
© Wofratz / Creative Commons Namensnennung (CC-by 3.0), http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/legalcode
College Station (USA) - Im zweiten Lebensjahr beginnen Jungen damit, lieber mit Autos zu spielen, während Mädchen eher Puppen wählen. Bisher galt als mögliche Erklärung dafür, dass Jungs körperlich aktivere Spiele bevorzugen und deshalb ein dazu passendes Spielzeug aussuchen. Neue Ergebnisse einer Studie mit eineinhalbjährigen Kindern widersprechen jetzt dieser Theorie. Kinder beiderlei Geschlechts zeigten beim Spiel mit typischen Mädchen- oder Jungen-Spielsachen das gleiche Ausmaß an Bewegung. Auch der Testosteronspiegel in früheren Entwicklungsphasen erklärt die unterschiedlichen Vorlieben nicht: Männliche Sexualhormone, denen ein Kind im Mutterleib ausgesetzt ist, haben zwar einen Einfluss auf den späteren Bewegungsdrang beim Spielen, nicht aber auf die Wahl des Spielzeugs, berichten die amerikanischen Forscherinnen im Fachblatt „Hormones and Behavior“.

„Andere Faktoren als die Bewegungsaktivität müssen dafür verantwortlich sein, dass sich schon früh eine vom Geschlecht abhängige Vorliebe für Spielzeuge entwickelt“, schreiben Gerianne Alexander und Janet Saenz von der Texas A&M University in College Station. Die Psychologinnen beobachteten das Spielverhalten von 47 Jungen und 37 Mädchen im Alter von 19 Monaten. Ein am Knöchel befestigter Bewegungssensor – einer Armbanduhr ähnlich – diente zur Messung der körperlichen Aktivität eines Kindes während einer achtminütigen Spielphase. Dazu wurde es in einen Kreis aus verschiedenen Spielzeugen gesetzt, die zur freien Verfügung standen: Klötze, Autos und Werkzeuge als typische Jungen-Spielsachen, Babypuppen, Kämme, Teller und Tassen als typische Spielzeuge für Mädchen, sowie geschlechtsneutrale Bücher, Puzzles und Stofftiere.

Um einen möglichen Einfluss von Hormonen auf das Spielverhalten zu untersuchen, war bei jedem Kind im Alter von 3-4 Monaten der Testosteronspiegel im Speichel gemessen worden. Zusätzlich ermittelten die Forscherinnen das Längenverhältnis von Zeige- und Ringfinger. Dieser Wert gibt Auskunft über den Spiegel männlicher Sexualhormone, denen ein Kind während der Schwangerschaft ausgesetzt war: Je kleiner das Verhältnis, desto höher der vorgeburtliche Hormonspiegel.

Die Mädchen wählten mit starker Präferenz Mädchen-typisches Spielzeug, während die Vorliebe der Jungen für Jungen-typisches Spielmaterial weniger stark ausgeprägt war. Die Hormonwerte der Speichelproben standen in keiner Beziehung zum Spielverhalten. Aber ein kleiner Wert für das Verhältnis der Fingerlängen – also ein hoher Testosteronspiegel im Mutterleib – war verbunden mit stärkerer körperlicher Aktivität beim Spielen. Das Ausmaß an Bewegung war jedoch insgesamt bei der Beschäftigung mit Autos oder Werkzeugen genauso groß wie beim Spiel mit Puppen. Diese Ergebnisse widersprechen daher dem einfachen Zusammenhang, wonach ein hoher Testosteronspiegel zu verstärktem Bewegungsdrang führt, was dann die Wahl von Jungen-Spielzeug zur Folge hat. Neue Studien müssten klären, so die Autorinnen, ob die Befunde auf Kinder anderer Altersstufen übertragbar sind oder nicht. Die Frage nach einer biologischen Ursache für die geschlechtsabhängige Spielzeugwahl bleibt zunächst unbeantwortet.

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