Laborblitze erzeugen Neutronen

Russische Physiker konnten erstmals in künstlichen Entladungen die Emission von Neutronen nachweisen
Die Entladungen nahmen unterschiedliche Formen an.
Die Entladungen nahmen unterschiedliche Formen an.
© A. V. Agafonov et al.
Moskau (Russland) - Wenn Blitze sich in der Atmosphäre entladen, gehen diese zwar mit hellem Leuchten und starken Magnetfeldern einher. Sie sind aber kein rein elektromagnetisches Phänomen. Mittlerweile ist bekannt, dass bei Gewittern auch Gammastrahlung und Neutronen auftreten, deren Ursprung in kernphysikalischen Prozessen liegen muss. Auf welche Weise die Neutronen freigesetzt werden, ist bislang noch ein Rätsel. Eine genaue Analyse ist unter den Bedingungen eines Gewittersturmes nicht möglich. Russische Physiker konnten nun erstmals in künstlichen erzeugten Entladungen im Labor nachweisen, dass auch dort Neutronen freigesetzt werden. Damit öffnet sich ein neuer Weg, die Herkunft dieses Phänomens zu entschlüsseln und eventuell sogar eine neue Methode zu entwickeln, Neutronen zu produzieren.

„Es gibt bislang keine befriedigende Erklärung für die Summe an experimentellen Befunden“, beschreiben Aleksey Agafonov und seine Kollegen vom Moskauer Lebedev-Institut die Herausforderung. So konnten Forscher bereits Neutronen und Gammastrahlung sowohl in Meereshöhe als auch in den oberen Atmosphärenschichten und sogar am Rand zum Weltraum feststellen – und zwar nicht nur bei gewöhnlichen Gewittern, sondern auch bei seltenen Entladungen hoch in der Atmosphäre, die als Kobolde und als terrestrische Gammablitze bekannt sind. Elektronen werden durch die starken elektrischen Felder bei Entladungen enorm beschleunigt. Über eine bislang unbekannte Kaskade physikalischer Prozesse bewirken diese dann vermutlich die Erzeugung von Neutronen.

Die Moskauer Forscher konnten bei ungefähr einem Viertel ihrer Entladungen Neutronen nachweisen. Die erzeugten Neutronen hatten sehr unterschiedliche Energien, von sehr langsamen bis hin zu solchen mit erstaunlich hoher Energie. „Ein besonderes Rätsel ist die Herkunft der sehr hochenergetischen Neutronen“, berichtet Agafonov. Aus ihren ersten Messungen konnten die Forscher schon schließen, dass die Neutronen-Emission mit Röntgenstrahlung einhergeht. Sie konnten keine Neutronen beobachten, die nicht von Röntgenpulsen begleitet war. Außerdem schienen die Neutronen nicht von einem einzigen Punkt zu stammen, sondern entstanden offenbar über einen größeren Raumbereich in der Entladungsröhre. Die Forscher planen bereits umfangreiche Verbesserungen an ihrem Experiment, um dem mysteriösen Erzeugungsmechanismus der Neutronen auf die Spur zu kommen.

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