Künstliche Natur lässt den Menschen zunehmend abstumpfen
"Mit was vergleichen wir Technologie? Wenn wir sie mit keinerlei Natur vergleichen, dann funktioniert die technische Natur ziemlich gut", erklärt Peter Kahn von der University of Washington. "Aber wenn wir sie mit tatsächlicher Natur vergleichen, dann scheint die Technologie für uns keinen so großen psychischen Nutzen zu bringen." Die Forscher analysierten den Einsatz des Roboter-Hundes AIBO oder die Nutzung eines Plasmabildschirm-Fensters, das einen Ausblick auf die reale Natur nur vorgaukelt.
Wer tatsächlich noch einen echten Blick ins Grüne kennt und täglich genießen kann, wird einem Plasmabild in gestochen scharfen Farben nicht viel abgewinnen. Für die Stressbewältigung werden solche Bilder oder Filme mit Harmonie stiftenden Bildern - etwa mit Sonnenuntergängen oder prasselnden Kaminfeuern - heute gern empfohlen. Wer jedoch das natürliche Original kennt, kommt durch den Einsatz dieser technologischen Mittel nicht zu einer Stressreduzierung.
Doch schon in der Generation der heutigen Kinder sieht das anders aus. Einen Roboterhund behandeln sie schon wie ein Lebewesen. "Roboter und virtuelle Haustiere beginnen die Interaktion mit lebenden Haustieren zu ersetzen", sagt Jolina Ruckert, eine Autorin der Studie. "Besorgnis erregend daran ist, dass die technologische Natur die Grundlinie für die volle Naturerfahrung verschieben wird. Und das wird zu einer 'generationsbedingten Umweltamnesie' führen, wie wir das nennen." Ganz gleich, ob es um Flussbegradigungen, Luftverschmutzung oder Tierhaltung geht: Da der Mensch immer seltener die originale Natur erlebt, wird er immer unempfindlicher gegenüber dem, was der Natur oder den Tieren angetan wird. Eine Flussbegradigung, die noch mit einigen wenigen Rücksichten auf die Umwelt vorgenommen wird, ruft keinen Protest mehr hervor. Denn die Vorstellung, was und wie ein Fluss in seiner Ursprünglichkeit sein kann, gerät immer mehr in Vergessenheit.