Julia und Romeo und das "wertvollere Geschlecht"

Das Prinzip "Ladies first!" gilt offenbar nicht in der Sprache: Noch immer werden bei Paarbezeichnungen die Herren zuerst genannt. Das sei kein Zufall, sagen jetzt britische Forscher, sondern liege nachweisbar an tradierten Rollenvorstellungen
Guildford (Großbritannien) - Ein Schreiben an "Herrn Walter Müller und Frau" zu adressieren gilt in der heutigen Geschäftskorrespondenz schon als veraltet, denn die Frau wird dabei als Anhängsel des Mannes dargestellt. Doch wenn Paare mit Vornamen benannt werden, herrscht weiter das Prinzip "Gentlemen first!" Für den angelsächsischen Raum hat dies jetzt ein britisches Forscherteam beziffert: Zu rund 70 Prozent werden erst die männlichen und dann die weiblichen Namen genannt, schreiben die Forscher im "British Journal of Social Psychology".

"Im 16. Jahrhundert wurde das Nennen des Mannes vor der Nennung der Frau zur bestakzeptierten Wortreihenfolge, denn der Mann galt als das wertvollere Geschlecht", erklärt Peter Hegarty von der University of Surrey. "Diese grammatische Regel hat sich in 'Mr. und Mrs.' fortgesetzt, aber auch in den Namen verliebter Paare wie 'Romeo und Julia'."

In einem ersten Test nahmen Hegarty und seine Kollegen die zehn populärsten Mädchen- und Jungennamen in England und den USA, bildeten daraus Paarbezeichnungen wie "Sarah and David" und suchten diese Paarbezeichnungen - mal mit dem männlichen und mal mit dem weiblichen Namen an erster Stelle - im Internet. Hierbei zeigte sich, dass auf britischen Seiten im Internet 79 Prozent der Paarbezeichnungen nach dem Muster "Männer zuerst" gebildet waren. In den USA waren es 70 Prozent.

In weiteren Studien sollten sich Versuchspersonen Paare mit bestimmten Eigenschaften vorstellen und dann dazu deren Namen aufschreiben. Wenn die Versuchspersonen sich etwa Paare vorstellten, die nach traditionellen Rollenmustern lebten, dann wurde signifikant häufiger der männliche Name zuerst genannt. Erst bei dem Gedanken an Paare, die nicht nach dem herkömmlichen Muster lebten, wurden Frau-Mann-Nennungen so häufig wie Mann-Frau-Nennungen. Einen ähnlichen Test starteten die Forscher auch mit den Namen in lesbischen und schwulen Beziehungen. Auch hier sollten die Versuchspersonen die Namen der Paare notieren. Hier befragten die Forscher die Versuchspersonen nach den Eigenschaften und Interessen der schwulen und lesbischen Partner. Hierbei zeigte sich, dass meist jener Name zuerst genannt wurde, dessen Träger die männlicheren Attribute hatte: Wenn zum Beispiel bei "Malte und Tim" Malte der sportlichere Typ war und sich auch mehr für Technik interessierte, wurde auch eher von "Malte und Tim" gesprochen als von "Tim und Malte".

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "When gentlemen are first and ladies are last: Effects of Gender steretypes in the order of roomantic partners' names", Peter Hegarty, Nila Watson, Laura Fletcher and Grant McQueen; British Journal of Social Psychology, 2010, im Druck, DOI: 10.1348/014466610X486347


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg