Grippe: Warum ältere Menschen meist mehr gefährdet sind

Eine Überreaktion des Immunsystems könnte dafür verantwortlich sein, dass Virusinfektionen im Alter schlimmer verlaufen
Schwer geschädigte Leberzellen
Schwer geschädigte Leberzellen
© Daniel R. Goldstein, Yale University
New Haven (USA) - Infektionskrankheiten verlaufen bei älteren Menschen oft bedrohlicher als bei jüngeren. Das lässt sich nicht einfach dadurch erklären, dass mit dem Alter die Immunabwehr schwächer wird, berichten amerikanische Forscher. In Versuchen mit virusinfizierten Mäusen stellten sie fest, dass im fortgeschrittenen Alter die Immunzellen als Abwehrreaktion übermäßig viel eines entzündungsfördernden Botenstoffs bildeten. Das schädigte die Leber stark und führte zum Tod der Tiere. Wurde der Botenstoff durch einen Antikörper blockiert, überlebten die Mäuse. Ob sich diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, müssen klinische Studien zeigen, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Cell Host & Microbe".

Die Resultate könnten einerseits erklären, warum ältere Menschen anfälliger dafür sind, an der saisonalen Grippe zu erkranken, sagt Daniel Goldstein von der Yale University in New Haven. "Sie könnten andererseits auch erklären, warum andere Teile der Bevölkerung durch Viren wie das H1N1-Schweinegrippevirus besonders stark betroffen sind: nicht wegen eines zu schwachen Immunsystems, sondern wegen zu starker Immunreaktionen, die den Körper schädigen." Goldstein und seine Kollegen untersuchten die Immunreaktionen von jungen und alten Mäusen auf die Infektion mit Herpesviren (HSV-2). Bei den alten Tieren stieg der Blutspiegel des von Immunzellen produzierten Botenstoffs Interleukin-17 (IL-17) viel stärker an als bei den jüngeren. Das aktivierte bestimmte Immunzellen und verursachte so große Leberschäden, dass die Tiere starben. Die jüngeren Mäuse überlebten die Infektion.

Blockierten die Forscher das Interleukin-17 durch einen Antikörper kurz vor oder nach der Infektion, verringerten sich die Leberschäden und die Überlebensrate stieg. Es ist also möglich, die Folgen einer Virusinfektion für ältere Mäuse zu mildern, indem man bestimmte Immunreaktionen hemmt, anstatt das geschwächte Immunsystem anzuregen, so Goldstein. Auch beim Menschen ist im höheren Alter die Produktion von Immunbotenstoffen gestört und es laufen vermehrt Entzündungsreaktionen ab. Ob eine Grippe oder eine andere Virusinfektion ebenfalls mit einem erhöhten IL-17-Blutspiegel verbunden ist, ist noch nicht bekannt.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Aging Promotes Neutrophil-Induced Mortality by Augmenting IL-17 Production during Viral Infection", Heather W. Stout-Delgado et al.; Cell Host & Microbe, Vol. 6, No. 5, p. 446, DOI: 10.1016/j.chom.2009.09.011


 

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