Gesichtslifting behindert das Verstehen schlechter Nachrichten
"Sprache ist bisher auf einem sehr hohen Niveau gesehen worden, als ein abstrakter Prozess, der von solchen primitiven Vorgängen wie Handlung, Wahrnehmung und Gefühl streng getrennt abläuft", erklärt Davis Havas von der University of Wisconsin-Madison. "Unsere Studie zeigt, dass Sprache weit davon entfernt ist, vom Gefühl getrennt zu sein: Das Sprachverstehen kann behindert werden, wenn bestimmte körperliche Mechanismen unterbrochen werden."
Havas und seine Kollegen hatten 40 Personen, die sich mit Botox behandeln ließen, um ihre Stirnhaut zu glätten, zu einem Experiment eingeladen. Der erste Teil des Experiments fand vor der Behandlung statt. Die Versuchspersonen sollten schriftliche Aussagen lesen, die entweder einen angenehmen, einen traurigen oder einen Ärger hervorrufenden Inhalt hatten. Solche Inhalte waren zum Beispiel: "Der aufdringliche Telefonverkäufer stört Sie beim Essen" (Ärger), "Sie öffnen an Ihrem Geburtstag Ihr E-Mail-Postfach und finden keine einzige neue E-Mail darin" (Traurigkeit) oder "Das Freibad bietet Erfrischung an heißen Sommertagen" (Zufriedenheit). Solche Aussagen lasen die Teilnehmer vor ihrer Behandlung und 14 Tage nach ihrer Behandlung. Sobald sie eine Aussage verstanden hatten, sollten sie einen Knopf drücken. Die Forscher maßen die Zeit, die die Probanden zum Verstehen der Texte brauchten. Dabei zeigte sich, dass Aussagen mit angenehmen Inhalten vor und nach der Behandlung mit Botox gleichermaßen schnell verstanden wurden. Doch bei den Sätzen mit einem ärgerlichen oder traurigen Inhalt verstanden die Probanden diese nach der Botox-Behandlung – als sie nicht mehr so gut die Stirn runzeln oder die Augenbrauen zusammenziehen konnten – langsamer als vor der Behandlung.
Der Vorher-Nachher-Unterschied bewegt sich zwar im Sekundenbereich, kann aber in Kommunikationssituationen deutliche Folgen haben: "In Unterhaltungen reagieren Menschen schnell auch auf subtile Hinweise, wie etwas zu verstehen ist. Wenn man auch nur ein bisschen langsamer auf eine ärgerliche Geschichte reagiert, dann könnte dies dem Erzähler signalisieren, dass man gar nicht verstanden habe, was er sagen wollte", sagt Arthur Glenberg, ein Mitautor der Studie.