Gesichtsausdruck und Satzmelodie sagen mehr als tausend Worte
Die Äußerung "Was? Du hast gekifft?" wird einem ertappten Jugendlichen sofort verraten, dass der Sprecher empört ist. Es sei denn, sie kommt vielleicht vom bewundernden jüngeren Bruder. Doch auch die Äußerung "Was meinst du, wie oft möchtest du noch Haschisch rauchen?" kann - gesprochen - noch zweierlei Bedeutung haben. Es gehört nämlich für den Sprechenden sehr viel Training dazu, auch den leisesten vorwurfsvollen oder anerkennenden Unterton herauszuhalten. Auch der Gesichtsausdruck darf dazu nicht lesbar sein wie ein offenes Buch. Beides fügen Menschen im Gespräch eher unbewusst hinzu.
Wie viel man von einer Äußerung auch dann noch versteht, wenn einem die Sprache fremd ist, hat Pashiera Barkhuysen von der Universiteit van Tilburg in einem Experiment mit tschechischen Versuchspersonen gezeigt. Diese bekamen Videos gezeigt, in denen niederländische Sprecher Äußerungen von sich gaben wie "Ich fühle mich einfach fantastisch!" oder "Ich will nur noch schlafen und nie wieder aufwachen". Eine Gruppe der tschechischen Versuchspersonen sah das Video mit Ton und Bild, andere Gruppen sahen nur das Bild oder hörten nur den Ton. Am Ende erwies es sich, dass alle Versuchspersonen von jeder Äußerung sagen konnten, ob sie einen positiven oder einen negativen Inhalt hatte. Wenn man also ohne Kenntnis einer Sprache erfassen kann, ob es in einer Kommunikation um etwas Empörendes oder Erfreuliches geht, dann zeigt dies, wie hoch der Stellenwert von Mienenspiel und Satzmelodie ist - und wie hart man gegebenenfalls trainieren muss, um beides unter Kontrolle zu halten.
Manchmal jedoch ist es wichtig, die außersprachlichen Signale richtig und erkennbar einzusetzen. Zum Beispiel, wenn es darum geht, in der Kommunikation deutlich zu machen, ob und wann man mit seinem Redebeitrag zu Ende gekommen ist. Sonst könnte es passieren, dass man vom Zuhörer zum falschen Zeitpunkt unterbrochen wird. Barkhuysen zeigt, dass es nicht unbedingt etwas mit mangelndem Selbstbewusstsein zu tun hat, wenn ein Sprecher oft unterbrochen wird. So wurde Margaret Thatcher, die ja als "Eiserne Lady" bekannt war, ungewöhnlich oft in Interviews oder Gesprächen unterbrochen. Barkhuysen konnte nachweisen, dass die Eiserne Lady häufig - und vermutlich unbewusst - Signale aussandte, dass sie zu Ende gesprochen habe.