Geschlechtsunterschied in Sachen Herzinfarkt nur ein Mythos

Kanadische Forscher sagen: Tatsächlich haben Frauen und Männer in erster Linie vergleichbare Symptome bei einer Herzattacke
Edmonton (Kanada) - Gerade in medizinischen Dingen soll es mitunter immense Geschlechtsunterschiede geben - von der Symptomatik bis zur Wirksamkeit von Medikamenten. So besteht auch die Behauptung, dass Frauen und Männer völlig andere Beschwerden bei einem Herzinfarkt erleben. Dem ist aber nicht gar nicht so, erklärten kanadische Forscher aktuell auf einer Tagung von Herz-Kreislauf-Spezialisten. Im Grunde seien die Unterschiede zwischen den Geschlechtern in dieser Hinsicht nur geringfügig. Sowohl Männer als auch Frauen klagen in vergleichbarem Ausmaß über typische Anzeichen wie etwa Schmerzen im Brustkorb, berichteten sie auf dem "Canadian Cardiovascular Congress 2009" in Edmonton. Frauen erleben allerdings in der Tat häufiger zusätzlich Beschwerden im Kopfbereich.

"Sowohl die Medien als auch manche Informationsmaterialien für Patienten behaupten häufig, dass Frauen die Symptome einer Herzattacke deutlich anders erleben als Männer", erläuterte Martha Mackay von den Canadian Institutes of Health Research und der UBC School of Nursing. "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass das einfach nicht der Fall ist." Mackay und ihre Kollegen hatten mehr als 300 Freiwillige während einer so genannten Angioplastie nach deren Empfindungen befragt. Bei diesem minimalinvasiven Eingriff wird über einen kleinen Schnitt in Arm oder Bein ein kleiner Ballon in eine verengte Arterie eingeführt, mit dem das Blutgefäß erweitert wird. Die Dehnung mithilfe des Ballons - vor allem in der Nähe des Herzens - kann dabei kurzzeitig Symptome verursachen, die denen eines Herzinfarktes gleichen.

Frauen und Männer empfanden vergleichbar häufig ein Ziehen in der Brust und andere charakteristische Beschwerden wie Kurzatmigkeit, Schweißausbrüche oder Übelkeit, stellten die Forscher fest. Der Hauptunterschied zwischen den Geschlechtern bestand darin, dass Frauen mit einer größeren Wahrscheinlichkeit zusätzlich zu den klassischen Symptomen eines Herzinfarktes auch noch ein Ziehen in Kiefer, Hals und Nacken verspürten.

Die bislang in manchen Studien beobachteten Geschlechtsunterschiede könnten sich den Forschern zufolge unter anderem durch Probleme bei der Kommunikation oder einen ungünstigen Aufbau der Untersuchungen ergeben haben. So ist denkbar, dass Frauen ihre Beschwerden schlicht anders beschreiben als Männer. Um Kommunikationsmissverständnisse weitgehend zu vermeiden, rät Mackay insbesondere Patientinnen, dem Arzt sämtliche Symptome zu nennen und nicht nur die, nach denen gefragt wird. Umgekehrt sollten Ärzte geschlossene Fragen wie "Haben Sie Schmerzen in der Brust?" vermeiden und stattdessen eher offene Fragen stellen wie "Haben sie sonst noch irgendwelche Beschwerden?".

Einige wichtige Warnsignale eines Herzinfarktes - sowohl für Frauen als auch für Männer - sind:
Plötzliches Ziehen oder Schmerzen, was bei Frauen aber weniger eindeutig ausgeprägt sein kann
Schmerzen etwa im Brustkorb, Nacken, Kiefer, Schultern, Armen oder Rücken
Schmerzen im Brustkorb, die mit Anstrengung aufkommen und mit Ausruhen wieder abklingen
Kurzatmigkeit
Übelkeit
Schweißausbrüche
Angstzustände

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "GENDER DIFFERENCES IN REPORTED SYMPTOMS OF ACUTE CORONARY SYNDROMES", Martha H. Mackay et al.; Canadian Cardiovascular Congress 2009 (Presentation Number: 294)


 

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