Gequetschte Photonen

Für extrem genaue Messungen werden Quantenzustände von Teilchen gezielt verändert – nun zeigen kanadische Physiker die Grenzen für dieses "Squeezing" auf
Computersimulation der Quantenzustände eines Triphotons
Computersimulation der Quantenzustände eines Triphotons
© Victoria Feistner
Toronto (Kanada) - Nach der Unschärferelation von Heisenberg können komplementäre Quantenzustände von Teilchen nicht beliebig genau gemessen werden. Bestimmt man beispielsweise die Position eines Teilchen extrem exakt, wird die Messung des Impulses des gleichen Teilchens entsprechend ungenauer. Für die Messung von extrem schwachen Gravitationswellen nutzen Physiker bereits heute die Verringerung der Unsicherheiten für einzelne Quantenzustände. Zugleich nehmen sie größere Unsicherheiten der komplementären, aber nicht für die Messung genutzte Eigenschaften in Kauf. Dieses "Squeezing" oder "Quetschen" von Quantenparametern hat jedoch seine Grenzen, die kanadische Physiker nun an einem Modellsystem aus drei Lichtteilchen demonstrieren konnten.

"Wir konnten zeigen, wie ein optisches System bis an die fundamentalen Grenzen verändert ("squeezing") werden kann", schreiben Krister Shalm und seine Kollegen von der University of Toronto in der Zeitschrift "Nature". Für ihre Messungen koppelten sie drei miteinander verschränkte Photonen, ein so genanntes Triphoton, in einen Lichtleiter ein. Als veränderliche Parameter wählten sie die Polarisation dieses Quasi-Teilchens. Mit einem komplexen Messaufbau bestimmten sie die von der jeweiligen Polarisation abhängige Ausrichtung des elektrischen Feldes (E-Feld) des Triphotons. Mit der Kombination aus drei Komponenten – vertikal, horizontal, zirkular – konnte der Polarisationszustand des Triphotons angegeben werden.

Ohne äußere Beeinflussung hält sich die Ungenauigkeit bei der Messung aller drei E-Feld-Komponenten, den Stokes-Parametern, die Waage. Diese Symmetrie geht allerdings verloren, sobald eine einzelne Komponente genauer bestimmt wird. Denn parallel steigt die Unsicherheit bei der Bestimmung der anderen beiden Parameter an. Bis zu einem gewissen Grad kann dieses "Squeezing" für exakte Messungen, die auf nur einem Parameter beruhen, sinnvoll sein. Doch beliebig weit treiben lässt sich dieses Verfahren nicht. So beobachteten Shalm und Kollegen, dass die Unsicherheit für die Messung der erwählten Polaritionskomponente durch zu starkes "Quetschen" wieder ansteigt. Die Ungenauigkeit bei den anderen beiden Komponenten wurde so groß, dass das gesamte Triphoton depolarisiert wurde und so alle Komponenten nicht mehr genau bestimmt werden konnten. "Dieses Phänomen nennen wir Over-Squeezing", so die Physiker.

Auch wenn es sich um ein grundlegendes Phänomen der Quantenphysik handelt, kann dieses Ergebnis Auswirkungen auf praktische Anwendungen haben. Denn das "Squeezing" von Quantenzuständen wird bei interferometrischen Messungen von Lichtteilchen wie im Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory (LIGO) angewendet. Auch für die Optimierung von Atomuhren und bei den Versuchen für zukünftige Quantencomputer bietet sich die genauere Bestimmung ausgewählter Quantenzustände wie beispielsweise der Spins einzelner Atome an. Hier sind die Möglichkeiten des "Squeezings" noch nicht ausgeschöpft. Doch die aktuellen Messungen am Triphoton zeigen, dass die Grenzen dieser Methode näher liegen als bisher gedacht.

Nature
Quelle: "Squeezing and over-squeezing of triphotons", L. K. Shalm et al.; Nature, 457, 67 (2009)


 

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