Frühe Menschen: Schon vor 500.000 Jahren nutzten Jäger steinerne Speerspitzen

200.000 Jahre früher als angenommen setzten Vorfahren des modernen Menschen bereits zusammengesetzte Waffen ein
Mit diesen Repliken schossen die Forscher auf Tierkadaver, um die Auswirkungen auf die Steinspitzen analysieren zu können.
Mit diesen Repliken schossen die Forscher auf Tierkadaver, um die Auswirkungen auf die Steinspitzen analysieren zu können.
© Jayne Wilkins
Toronto (Kanada) - Recht aufwändig gearbeitete Speere mit Steinspitzen wurden in der Menschheitsgeschichte vermutlich schon viel früher eingesetzt als bislang gedacht. Ein Team internationaler Anthropologen hat nun in umfangreichen Analysen zahlreiche Belege dafür gefunden, dass rund 500.000 Jahre alte Steinspitzen als Speerspitzen dienten. Die als Schäftung bezeichnete Technik, bei der mindestens zwei Teile aus unterschiedlichen Materialien zu einem komplexeren Werkzeug zusammengefügt werden, ist somit etwa 200.000 Jahre älter, als bisherige Funde vermuten ließen. Diese Fertigkeit stellte einen entscheidenden Fortschritt in der Waffenkunde der frühen Menschen dar. Die Analysen legen nun nahe, dass dieses Wissen nicht erst von Neandertaler und modernem Menschen genutzt wurde, sondern bereits gemeinsamen Vorfahren zur Verfügung stand, berichten sie in „Science“.

„Dies verändert die Art und Weise, wie wir über frühmenschliche Anpassungen und Fähigkeiten vor dem Beginn unserer eigenen Art denken“, sagt Erstautorin Jayne Wilkins vom Department of Anthropology an der University of Toronto. Obwohl beide, Neandertaler und Menschen, Speere mit Steinspitzen nutzten, sei dies der erste Beweis dafür, dass der Ursprung dieser Technologie vor oder nahe der Trennung der beiden Arten lag. „Nun sieht es so aus, als ließen sich manche der Eigenschaften, die wir mit modernen Menschen und unseren nächsten Verwandten assoziieren, weiter zurück in unserer Abstammungsreihe verfolgen.“ Gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Südafrika hatten Wilkins und ihr Teamleiter Michael Chazan eine Reihe von Steinspitzen näher untersucht. Diese waren zwischen 1979 und 1982 an der südafrikanischen Ausgrabungsstätte Kathu Pan 1 gefunden und erst im Jahr 2010 auf ein Alter von rund 500.000 Jahren datiert worden.

Für ihre Versuche stellten die Forscher unter anderem Repliken aus dem gleichen Rohmaterial her, die sie an Holzschäften anbrachten. Mit einer auf ein Gestell montierten Armbrust schossen sie diese urtümlichen Waffen dann auf Tierkadaver ab. So konnten sie unter genormten Bedingungen analysieren, welche Auswirkungen der Einsatz als Speerspitze auf das Material hat. Dabei fanden sie zahlreiche Hinweise auf einen tatsächlichen Gebrauch als Speerspitze. So entsprechen etwa die durch den simulierten Jagdeinsatz entstandenen Frakturen und deren Verteilung denen an den 500.000 Jahre alten Fundstücken. „Wenn Spitzen als Speerspitzen genutzt werden, konzentriert sich eine Menge Schaden an der Spitze der Spitze und es bilden sich charakteristische Frakturen“, erläutert Co-Autor Kyle Brown von der University of Cape Town. „Der Schaden an diesen uralten Steinspeerspitzen ähnelt in verblüffender Weise denen, die wir mit unserem Armbrust-Experiment erzeugten und wir konnten veranschaulichen, dass sie nicht einfach durch andere Prozesse entstanden sind.“

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