Flüstergalerie-Sensor entdeckt und misst einzelne Nanopartikel

Ein neuartiger Sensor nutzt ein altes physikalisches Phänomen, um Sicherheit von Alltagsprodukten, die mit Nanoteilchen versetzt sind, überprüfen zu helfen
Hunderttausende solcher Mikroresonatoren lassen sich auf Siliziumwafern in Massenproduktion herstellen: Jeder Flüstergalerie-Sensor besteht aus einem Glasring mit nur 20 bis 30 Mikrometern Durchmesser, Hundertstel Millimeter. In dieser Illustration sind zwei weiß leuchtende Nanopartikel auf dem vordersten Resonatorring gelandet und dienen als Streuzentren, die die im Inneren zirkulierenden Lichtwellen stören und so ihre Größe verraten.
Hunderttausende solcher Mikroresonatoren lassen sich auf Siliziumwafern in Massenproduktion herstellen: Jeder Flüstergalerie-Sensor besteht aus einem Glasring mit nur 20 bis 30 Mikrometern Durchmesser, Hundertstel Millimeter. In dieser Illustration sind zwei weiß leuchtende Nanopartikel auf dem vordersten Resonatorring gelandet und dienen als Streuzentren, die die im Inneren zirkulierenden Lichtwellen stören und so ihre Größe verraten.
© Jiangang Zhu and Jingyang Gan/WUSTL
St Louis (USA) - Während Nanopartikel langsam in den Alltag vordringen - in Sonnencremes, Antihaftbeschichtungen oder auch antibakteriellen Oberflächen -, wachsen bei Manchem Bedenken wegen möglicher Gefahren für Gesundheit und Umwelt. US-Forscher arbeiten an einer sachlichen Einschätzung und präsentieren jetzt einen neuartigen Sensor, der sogar einzelne Nanopartikel wahrnehmen und messen kann. Mit seiner Hilfe ließe sich die Auswirkung der winzigen Partikeln in neuen Produkten bewerten, bevor sie auf den Markt kommen, so die Forscher. Im Fachblatt "Nature Photonics" beschreiben sie, dass das mobile Gerät sogar solche Nanoteilchen wahrnehmen könnte, die mit bis zu 30 Nanometern Durchmesser kleiner sind als ein Virus. Möglich wird dies durch ein klassisches physikalisches Phänomen, mit welchem auch so genannte Flüstergalerien in Kirchen und anderen alten Gebäuden geflüsterten Ton die Wand entlang leiten.

"Größe ist eine Schlüsselbedingung, die erheblich die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Nanopartikeln beeinflusst. Sie spielt bei deren Anwendungen sowohl in der Wissenschaft als auch in der Industrie eine entscheidende Rolle, so dass alle davon profitieren werden, wenn sich diese Teilchen akkurat messen lassen", erklärt Lan Yang, Professorin für Elektro- und System-Ingenieurwesen an der Washington University. Ihr Team verbesserte einen Sensor vom Typ Flüstergalerie-Modus-Resonator. Es nutzte den Effekt, der schon vor Jahrtausenden den Erbauern runder Gänge und Kuppeln bekannt war: Steht man direkt an der Wand und flüstert dagegen, so sind die Worte an der gegenüberliegenden Seite der Wölbung zu hören - die Schallwellen laufen mit geringem Energieverlust die Wand entlang und können so relativ weite Strecken zurücklegen.

Im herkömmlichen Sensor vom Flüstergalerie-Typ reagieren Lichtwellen auf vergleichbare Weise. Laserlicht wird in sehr flachem Winkel in einen ringförmigen Wellenleiter, etwa einen Glasring geführt. Falls seine Wellenlänge exakt zum Ringumfang passt, dessen Umfang also ein ganzzahliges Vielfaches ist, kann die Lichtwelle mehrfach im Ringinneren entlanglaufen, bevor ihre Energie absorbiert ist: Die Wellen überlagern sich bei jedem Umlauf perfekt, laufen in Resonanz. Dieser Glas-Resonator kann als Teilchendetektor dienen, weil der schwache Rand des Lichtes, die so genannte evaneszente Welle, die Ringoberfläche durchstößt und in die Umgebung dringt. Nähert sich ein Teilchen dem Ring, so stört es die Lichtwelle und verändert die Resonanzfrequenz. Daraus wiederum errechnet sich die Größe des Partikels.

Da diese herkömmlichen Mikroresonatoren aber zwei Schwachpunkte haben, so Yang, mussten sie verbessert werden: Erstens sind sie sehr störanfällig, schon gegenüber Temperaturschwankungen und leichter Bewegung; zweitens aber ist die Änderung der Resonanzfrequenz hier noch kein verlässliches Messverfahren. Sie hängt davon ab, an welcher Stelle der resonanten Welle das Teilchen landet. An einem Wellenknoten etwa ruft es weniger Störung hervor als auf einem Anti-Knoten.

Deshalb modifizierte das Forscherteam seinen Resonatorring zu einem selbst-bezüglichen Sensorsystem. Dazu ist ein nahezu perfekter Resonator notwendig, ein Glasring mit so gut wie keinen optischen Fehlern. Während dieser auf herkömmliche Weise kaum herzustellen ist, nutzten Yang und Kollegen einen Trick. Sie ließen die Oberflächenspannung das geschmolzene Glas der Mikroresonatoren in eine hochglatte Ringform ziehen, nachdem diese aus Glasschichten auf Siliziumwafern herausgeätzt wurden, ähnlich wie bei der Massenproduktion elektronischer Schaltkreise. Diese Ringe lassen die passenden Lichtwellen sehr lange ungestört zirkulieren, so die Forscher.

Das mache es möglich, einen so genannten Split-Modus zu nutzen: Streueffekte sorgen dafür, dass ein Teil der Welle den Ring in entgegengesetzte Richtung durchläuft und sich im fast perfekten Resonator beide gegeneinander verschieben. So teilen beide Wellenrichtungen die selben Störungen durch Erschütterungen oder Temperaturschwankungen und machen einen solchen Sensor deutlich robuster und zuverlässiger. Obendrein kann das zu messende Partikel zwar immer noch auf unterschiedlichen Wellenabschnitten landen, doch das Verhältnis der Störungen in beiden Modi verrät seine Größe. Im Test mit winzigen Kunststoffkügelchen sowie Salzpartikeln im Nanometermaßstab lieferte der neue Resonator Werte, die innerhalb von ein bis zwei Prozent den tatsächlichen Größen entsprachen.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "On-chip Single Nanoparticle Detection and Sizing by Mode splitting in an Ultra-high-Q Microresonator", Jiangang Zhu, Lan Yang et al.; Nature Photonics, Online-Vorabveröffentlichung Dez. 2009


 

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