Fisch und Feldfrüchte: Steinzeit-Kochttöpfe offenbaren prähistorischen Speiseplan

Langsamerer Wandel von Jäger und Sammler zum Bauern als bisher vermutet
6.000 Jahre alter Kochtopf mit Holzlöffel
6.000 Jahre alter Kochtopf mit Holzlöffel
© Anders Fischer
York (Großbritannien) - Der Mensch ist nicht von heute auf morgen vom Jäger, Fischer und Sammler zum alleinigen Ackerbauern und Viehzüchter geworden. Vielmehr vollzog sich der Übergang langsam und Ressourcen aus der Wildnis wurden weiterhin genutzt, belegen Überreste von Kochtöpfen, die ein internationales Team aus Archäologen genauer unter die Lupe genommen hat. Ihre Analysen von in rund 6.000 Jahre alten Behältnissen zurückgebliebenen Fettreste zeigen: Zu typischen Nahrungsmitteln aus Feldbestellung und Tierzucht gesellte sich auch immer noch Fisch - in den Küstenregionen aus dem Meer, inlands aus Süßwassergewässern. Ihre Ergebnisse stellen die gängige Annahme in Frage, dass sich mit dem Aufkommen der Landwirtschaft die gesamte Ökonomie wandelte und dass Töpferwaren der damaligen Zeit ausschließlich für landwirtschaftliche Produkte genutzt wurden, berichten sie im Fachblatt "PNAS".

"Diese Forschungsarbeit liefert klare Beweise dafür, dass Menschen trotz domestizierter Tiere und Pflanzen weiterhin Ressourcen aus Meer und Frischwasser nutzen", sagt Oliver E. Craig, Archäologe an der Universität York. "Obwohl Landwirtschaft zügig eingeführt wurde, hat dies möglicherweise keinen so dramatischen Wechsel weg vom Jäger-Sammler-Leben verursacht wie wir bisher gedacht haben." Craig und seine Kollegen aus Großbritannien, Dänemark und Deutschland hatten die fettigen Rückstände aus insgesamt 133 Keramiktöpfen von 15 Fundstellen in der Ostseeregion untersucht. Das Kochgeschirr aus der Zeit von etwa 4.000 vor Christus stammte aus Küstensiedlungen unmittelbar an der westlichen Ostsee oder aus in der Nähe im Inland gelegenen Fundstätten. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Belege für domestizierte Tiere und Pflanzen in dieser Region.

Die Forscher stellten mit Hilfe von Isotopenanalysen der Fette fest, dass Fisch und andere Nahrungsmittel aus dem Wasser trotz Landwirtschaft weiterhin verwertet wurden: In etwa 20 Prozent der Töpfe aus Küstenregionen fanden sie Spuren von Meerestieren, in Form von Fetten und Ölen, die bei Landtieren und -pflanzen nicht vorkommen. In den Keramiken aus dem Inland wiesen sogar 28 Prozent der untersuchten Überreste Spuren im Wasser lebender Organismen auf, vermutlich von Süßwasserfischen. "Unser Datensatz stellt die erste große Studie dar, die eine breite molekulare Basis mit Isotopendaten verbindet, um terrestrische, marine und Frischwasser-Ressourcen zu unterscheiden, die in archäologischen Keramiken zubereitet wurden", sagt Craigs Kollege Carl Heron von der University of Bradford. Sie liefere damit eine Vorlage für künftige Forschung darüber, wie Menschen Töpferwaren in der Vergangenheit genutzt haben.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Ancient lipids reveal continuity in culinary practices across the transition to agriculture in Northern Europe", Oliver E. Craig et al.; PNAS, doi/10.1073/pnas.1107202108


 

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