Exotisches Sternsystem bestätigt Relativitätstheorie

Auch unter den extremen Bedingungen eines engen Doppelsternsystems aus Neutronenstern und Weißem Zwerg bewähren sich die Vorhersagen Einsteins
Künstlerische Darstellung des Doppelsternsystems J0348+0432. Der Neutronenstern rotiert 25 Mal pro Sekunde um seine eigene Achse und strahlt dabei gebündelte Radiowellen ab. Durch die Aussendung von Gravitationswellen kommen er und der Weiße Zwerg sich immer näher.
Künstlerische Darstellung des Doppelsternsystems J0348+0432. Der Neutronenstern rotiert 25 Mal pro Sekunde um seine eigene Achse und strahlt dabei gebündelte Radiowellen ab. Durch die Aussendung von Gravitationswellen kommen er und der Weiße Zwerg sich immer näher.
© ESO / J. Antoniadis (MPIfR)
Bonn - Die Einsteinsche Allgemeine Relativitätstheorie ist die anerkannte Theorie der Gravitation. Allerdings wissen Physiker, dass auch sie ihre Grenzen haben muss und dass jenseits dieser Grenzen neue Theorien auf ihre Entdeckung warten. Deshalb unterwerfen sie die Relativitätstheorie immer neuen Tests unter immer extremeren Bedingungen. Ein exotisches Doppelsternsystem hat sich nun als hervorragendes Studienobjekt erwiesen, um eine zentrale Vorhersage der Relativitätstheorie zu untersuchen. Wie ein internationales Forscherteam unter Führung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie mitteilt, hat sich dabei die Einsteinsche Theorie wieder einmal bewährt. Noch nie haben sie ein so schweres System auf so engen Bahnen so genau untersuchen können, berichten sie im Fachblatt „Science“. Dabei maßen die Astronomen die Abnahme der Umlaufdauer zwischen einem Neutronenstern und einem Weißen Zwerg, die sich in nur knapp drei Stunden gegenseitig umkreisen. Auf die beiden massereichen Körper wirkt in so geringem Abstand eine enorme Schwerkraft, die es erlaubt, die Relativitätstheorie in neuen Grenzbereichen zu prüfen.

„Wir dachten, dieses System könnte extrem genug sein, um den Zusammenbruch der Allgemeinen Relativitätstheorie zu zeigen“, sagt Mitautor Paulo Freire. Die Forscher untersuchten die Abnahme der Umlaufzeit, die entstehen sollte, wenn beide Körper einander umkreisen und dabei Gravitationswellen aussenden. Die enge Umlaufbahn ist nur möglich, weil einer der beiden Körper ein Neutronenstern ist: ein ultrakompaktes Gebilde, entstanden als Rest einer Supernova-Explosion. Er ist doppelt so schwer wie die Sonne, hat aber nur einen Durchmesser von 20 Kilometern. Ihn umkreist ein Weißer Zwerg. Dies sind leichtere Sterne am Ende ihrer Lebensdauer, die ihre Hülle verloren haben und langsam abkühlen.

Gravitationswellen entstehen im Prinzip analog wie elektromagnetische Strahlung. Beschleunigte Ladungen erzeugen elektromagnetische Strahlung. Nach diesem Prinzip funktionieren alle Antennen. Wechselnde Spannungen bewegen die Elektronen im Metall hin und her, wodurch zum Beispiel Radiowellen entstehen. Nach genau dem gleichen Prinzip erzeugen beschleunigte Massen Gravitationswellen. So ziehen sich etwa Sonne, Mond und Erde durch ihre Schwerkraft an und beschleunigen sich so gegenseitig. Allerdings ist der Gravitationswelleneffekt extrem klein, so dass er nur bei sehr massereichen Objekten und starken Beschleunigungen zu messbaren Auswirkungen führt.

Das 7.000 Lichtjahre von der Erde entfernte, nun untersuchte System mit der Bezeichnung J0348+0432 lieferte dafür perfekte Bedingungen. Außerdem macht eine weitere Eigenschaft einen präzisen Nachweis möglich. Der Neutronenstern rotiert 25 Mal in der Sekunde um sich selbst und sendet dabei gut messbare Radiowellen aus. Indem die Astronomen mit verschiedenen Teleskopen zwei Jahre lang die genaue Ankunftszeit dieser Radiowellen maßen, konnten sie die Abnahme der Umlaufbahn und damit indirekt die Gesamtenergie der ausgestrahlten Gravitationswellen bestimmen. Die Relativitätstheorie hat sich dabei wieder einmal bewährt. Einsteins Konkurrenten müssen weiter warten: Ihre Theorien hatten zum Teil eine stärkere Abnahme der Umlaufzeit vorausgesagt, als sie jetzt beobachtet wurde. Wissenschaftler hoffen auch, die extrem schwachen Gravitationswellen in kommenden Jahren direkt nachweisen zu können.

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