Evolution: Leben ist nicht immer optimal

Natürliche Selektion bringt nicht unbedingt das beste, sondern häufig auch das einfachste Ergebnis hervor
Austin (USA) - Dem Prinzip des "survival of the fittest" zufolge setzen sich im Laufe der Evolution diejenigen durch, die am besten an ihre Umwelt angepasst sind. Doch durch die natürliche Selektion entstehen nicht zwangsläufig optimale Ergebnisse, sagen nun amerikanische Forscher, nachdem sie ein Computermodell sich entwickelnder Erbinformation erstellt haben. Dieses stützt eher eine Hypothese des Fortschritts durch Überfluss ("ascent of the abundant"), berichten sie im Online-Fachjournal "PLoS Computational Biology". Demnach bringt die Evolution eine Vielzahl unterschiedlicher Erscheinungsbilder einzelner Arten hervor. Doch dabei ist sie eher bequem und geht häufig den leichteren Weg: Es entstehen eher Organismen einfacherer Natur, die nicht unbedingt optimal angepasst sind. Die Evolution eines optimalen Organismus würde dagegen mitunter eine lange und komplizierte Sequenz ineinander greifender Mutationen benötigen, von denen jede einzelne zufällig entstehen und die natürliche Selektion überstehen muss.

"Manche Merkmale entwickeln sich leicht, da sie durch viele unterschiedliche Kombinationen von Mutationen gebildet werden können", erläutert Matthew Cowperthwaite von der University of Texas at Austin. "Andere entwickeln sich dagegen nur schwer, weil sie sich durch ein unwahrscheinliches genetisches Rezept ergeben. Die Evolution gibt uns die einfacheren, selbst dann, wenn sie nicht die besten sind." Cowperthwaite und seine Kollegen entwarfen ein Computermodell, in dem sich Erbinformation in Form von RNA-Molekülen durch Mutation und natürliche Selektion entwickelte. RNA gleicht in vieler Hinsicht der DNA und spielt eine Rolle bei lebensnotwendigen Prozessen, darunter die Umsetzung genetischer Information in Proteine.

Evolutionsbiologen fragen sich schon seit geraumer Zeit, ob Mutation und natürliche Selektion tatsächlich immer die bestmögliche Lösung auf den Plan bringen - auch auf lange Sicht. Das kurzfristige Schicksal liegt häufig auf der Hand: Entweder setzt sich ein Merkmal durch und wird an Nachkommen weiter gegeben oder es ist von Nachteil und verschwindet wieder mit dem Organismus, der es besessen hat. Die langfristigen Konsequenzen einer Mutation sind dagegen weniger gut verstanden und nicht so leicht vorhersehbar. Die Berechnungen von Cowperthwaite und seinen Kollegen legen nun nahe, dass das Leben womöglich von den einfachen Merkmalen dominiert wird - und das eventuell auf Kosten der besten.

PLoS Computational Biology
Quelle: "The Ascent of the Abundant: How Mutational Networks Constrain Evolution", Cowperthwaite MC et al.; PLoS Comput Biol (4(7): e1000110. doi:10.1371/journal.pcbi.1000110)


 

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