Durch Schmutz zu schönen Körpern

In der Clusterphysik führen Verunreinigungen überraschend zu besonders symmetrischer Haufenbildung
Verunreinigungen führen dazu, dass das Edelgas Argon besonders regelmäßige Cluster bildet - so das Ergebnis von Studien an ionisierten Argon-Atomen in ultrakalten Heliumtröpfchen (blau), die mit einem Massenspektrometer untersucht wurden.
Verunreinigungen führen dazu, dass das Edelgas Argon besonders regelmäßige Cluster bildet - so das Ergebnis von Studien an ionisierten Argon-Atomen in ultrakalten Heliumtröpfchen (blau), die mit einem Massenspektrometer untersucht wurden.
© Paul Scheier, Universität Innsbruck
Innsbruck (Österreich ) - Schneeflocken und Kristalle brauchen zum Entstehen kleinste Stör-Objekte, so genannte Kristallisationskeime. Jetzt zeigen Innsbrucker Forscher, dass in ihren Versuchen mit dem Edelgas Argon ebenfalls kleinste Verunreinigungen nötig waren, um besonders regelmäßige Formen entstehen zu lassen. Erst wenn Sauerstoff-, Stickstoff- oder Wassermoleküle vorhanden waren, bildeten sich statt unregelmäßiger Häufchen oder Cluster aus Argon-Atomen besonders häufig hochsymmetrische Gebilde, berichten die Forscher in der Titelgeschichte des Fachblatts "Physical Chemistry Chemical Physics". Die Clusterphysik erkundet den Bereich, in welchem Atome sich nicht mehr einzeln bewegen aber auch noch nicht im festen Verbund zusammengelagert sind. Ein Verstehen dieses Übergangs mit eigenen physikalischen Gesetzen soll helfen, industrielle Verfahren in der Nanotechnologie oder der Oberflächenbeschichtung zu verbessern. Argon gehört wegen seiner Reaktionsträgheit zu den häufig eingesetzten Gasen, in Feuerlöschanlagen ebenso wie in der Verpackung von Lebensmitteln.

"Wir sprechen in solchen Fällen in der Clusterphysik von magischen Zahlen", erklärt Paul Scheier von der Universität Innsbruck die Tatsache, dass sich um die Verunreinigungen jeweils 54 oder 55 Argon-Atome gruppierten. "Die Atome bilden dabei einen so genannten Ikosaeder, eine sehr regelmäßige Struktur, die einem etwas eckigen Fußball gleicht." Schon früher waren Häufchen aus Argon-Atomen, von wenigen bis zu mehreren tausend Atomen, untersucht worden. Scheiers Team vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik griff zu einem neuen Versuchsaufbau, einer Gefriertechnik, um die Eigenschaften der Cluster näher zu betrachten. Es verpackte Argon-Atome in ultrakalte Heliumtröpfchen, ionisierte sie per Elektronenstoß und untersuchte das Verhalten per Massenspektrometer. Die Methode veränderte dabei kaum die Art und Weise, wie sich die Atome zu Clustern verbinden, so Scheier - offenbar stört das Helium kaum.

Überrascht allerdings stellten die Physiker fest, dass Verunreinigungen die Messdaten deutlich beeinflusst hatten. In der Gasatmosphäre vorhandene Moleküle von Sauerstoff, Stickstoff oder Wasser führten zu den besonders regelmäßigen Clusterformen. Die Argon-Atome lagerten sich rund um die Moleküle an und bildeten Formen, die wegen ihrer geometrischen Schönheit "Platonische Körper" heißen. Ikosaeder mit einer Außenfläche aus 20 gleichseitigen Dreiecken gehören zu den Kompliziertesten, entstehen in der Clusterphysik aber häufig, weil es die Struktur mit der geringsten inneren Energie ist, so Scheier: "Wenn es die Rahmenbedingungen zulassen, suchen die Atome genau diese Form."

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Argon clusters embedded in helium nanodroplets", Filipe Ferreira da Silva, Paul Scheier et al.; Physical Chemistry Chemical Physics (Vol. 11, Seiten 9791 - 9797)


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg