Die etwas andere Maya-Chronik der einfachen Leute
"Die Dinge des vorigen Hauses waren unter ihnen begraben und waren nicht mehr zu sehen, aber das bedeutete nicht, dass die Menschen sie vergaßen", erklärt Lisa J. Lucero von der University of Illinois at Urbana-Champaign. "Sie begruben auch Tote immer wieder an exakt derselben Stelle, entfernten Knochen von früheren Vorfahren, um sie woanders zu platzieren. Oder sie entfernten einzelne Teile von ihnen und behielten diese Teile als Erinnerungsstücke. Diese 'Ent-Seelung' und 'Wieder-Beseelung' des Hauses markierte den Fluss der Zeit und zyklische Natur des Lebens."
Solche Rituale sind den Anthropologen seit Längerem bekannt. Lucero hat diese Art, eine Chronik zu führen, nun genauer unter die Lupe genommen. Sie und ihr Grabungsteam untersuchten zwei Häuser in einem kleinen Maya-Zentrum. Diese Häuser waren von etwa 450 bis 1150 - also über einen Zeitraum von 700 Jahren - bewohnt. Dabei stießen sie auf vollständige oder Teil-Skelette, denen man einzelne Knochen entfernt hatte. Auf den Toten waren verschiedene Gegenstände abgelegt, besonders Gefäße. Diese Gegenstände waren kaputtgemacht worden. "Dinge, die im täglichen Leben gebraucht wurden, mussten de-animiert, also zerstört werden, bevor sie die nächste Stufe ihrer Lebensgeschichte erreichten", sagt Lucero.