Die Kraft der Unvollendeten

Wer sich sprachlich klar macht, dass eine seiner Handlungen unvollendet geblieben ist, behält deren Details länger im Gedächtnis
Gainesville (USA)/Urbana-Champaign (USA) - Es ist nicht egal, wie man über seine eigenen Handlungen berichtet. Wird man bei einer Handlung unterbrochen und markiert diese Unterbrechung durch eine Wendung wie "Ich war gerade dabei, dies und das zu tun, als...", behält man deren Einzelheiten länger im Gedächtnis. Bei einer Beschreibung wie "Ich machte dies" tritt diese Wirkung nicht ein, wie ein amerikanisches Forscherteam in der Fachzeitschrift "Psychological Science" berichtet.

Versuchspersonen durften ein Wort-Spiel spielen und wurden nach einer Weile von den Versuchsleitern Dolores Albarracin von der University of Illinois und William Hart von der University of Florida unterbrochen. Danach sollten die Versuchspersonen das gerade Erlebte und die Unterbrechung beschreiben und hierfür entweder die einfache Vergangenheit ("I solved the word puzzle") oder die Vergangenheit in der Verlaufsform ("I was solving the puzzle") benutzen. Nach ihrer Beschreibung sollten die Versuchspersonen entweder einen Erinnerungstest über das unterbrochene Spiel mitmachen oder ein weiteres, ähnliches Spiel spielen.

Es zeigte sich, dass diejenigen, die das unterbrochene Spiel mit der Verlaufsform beschrieben hatten, sich an mehr Einzelheiten aus diesem Spiel erinnerten beziehungsweise beim zweiten Spiel besser abschnitten als diejenigen, die ihre Erlebnisse als abgeschlossen beschrieben hatten.

Im Englischen kann man die Vollendung oder Unvollendung einer Handlung durch den so genannten Verbalaspekt genau kennzeichnen: Mit der Simple Past Tense wird die abgeschlossene Handlung beschrieben ("I solved..."), mit der Continuous Form die unabgeschlossene ("I was solving..."). Im Deutschen wird die Unabgeschlossenheit einer Handlung oft mit "Ich war gerade dabei, xy zu tun... " ausgedrückt.

Wenn die Art der Beschreibung eigener Handlungen solche deutlichen Folgen hat, könnte man dies auch in der Verhaltenstherapie nutzen, so Albarracin und Hart. "Die Häufigkeit ungesunden Verhaltens könnte reduziert werden, wenn der Klient diese Handlungen als abgeschlossen beschreibt", sagen die Forscher. "Gesundes Verhalten hingegen könnte verstärkt werden, wenn die entsprechenden Handlungen so beschrieben werden, dass man gerade dabei war, dies oder das zu tun."

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Quelle: "What I Was Doing Versus What I Did: Verb Aspect Influences Memory and Future Actions", William Hart, Dolores Albarracín, Psychological Science, Februar 2009, DOI: 10.1111/j.1467-9280.2009.02277.x, S. 238-244


 

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