Der Friseur - der bisher unentdeckte Therapeut

Friseure haben gerade zu ihren älteren Kunden ein sehr persönliches Verhältnis. Sie könnten daher auch sehr gut soziale Dienste unterstützen, wie amerikanische Forscher jetzt entdecken
Friseure haben oft ein sehr vertrautes Verhältnis zu ihren Kunden. Forscher überlegen, ob sie nicht als eine Art Therapieassistenz oder Wegweiser in psychosoziale Einrichtungen wirken könnten.
Friseure haben oft ein sehr vertrautes Verhältnis zu ihren Kunden. Forscher überlegen, ob sie nicht als eine Art Therapieassistenz oder Wegweiser in psychosoziale Einrichtungen wirken könnten.
© Aboutpixel / Thomas Pieruschek
Columbus (USA) - Viele Leute - besonders ältere Menschen - erzählen ihrem Friseur, was sie nicht einmal ihrem Ehemann, ihrer Ehefrau oder ihren Angehörigen anvertrauen würden. Was Friseure tatsächlich erfahren und wie eng ihr Verhältnis zu ihren Kunden ist, das haben jetzt amerikanische Forscher erstmals untersucht. In einer Befragung von 40 Friseuren aus der Umgebung der Universitätsstadt Columbus zeigte sich, dass ein Drittel der Kunden 60 Jahre und älter waren und diese Kunden ihren Friseur wie einen nahestehenden Menschen betrachten. Viele der befragten Friseure wären auch gern bereit, wie die Forscher im "Journal of Applied Gerontology" berichten, eine Fortbildung zu einer Art Therapieassistent zu absolvieren, um bei erkennbaren psychischen Problemen die Senioren kompetent weiterverweisen zu können.

"Friseure haben den großen Vorteil, bemerken zu können, wenn ihre älteren Kunden beginnen an Depressionen oder Demenz zu leiden oder sich selbst stark vernachlässigen", sagt Keith Anderson von der Ohio State University. "Ohne allzuviel von den Friseuren jenseits ihres Arbeitsfeldes erwarten zu wollen, könnten wir dennoch den Friseuren zeigen, wie sie mit älteren Menschen sprechen sollten, die die sozialen Dienste der Gemeinde in Anspruch nehmen sollten."

Anderson und seine Kollegen wollten zunächst wissen, wie das Verhältnis der Friseure zu ihren Kunden tatsächlich ist. Hierzu befragten sie 40 Figaros aus Columbus (Ohio) und der näheren Umgebung. Mehr als 80 Prozent der Hairstylisten gaben an, dass ihre älteren Kunden ihnen tatsächlich sehr persönliche Probleme anvertrauten. 85 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Verhältnis zu ihren Kunden "eng" oder "sehr eng" sei. Gesundheits- und Familienthemen seien die vorherrschenden Themen der alten Menschen.

"Die älteren Kunden sitzen ungefähr eine Stunde im Friseursessel und lassen sich frisieren oder die Haare schneiden. Diese Prozedur findet ein- oder zweimal im Monat statt", erklärt Anderson. "Da haben Friseure die Möglichkeit zu erkennen, wenn sich ein Kunde oder eine Kundin etwa stark verändert und wenn er oder sie Hilfe braucht." Etwa die Hälfte der befragten Friseure gab an, gern an einem Lehrgang teilnehmen zu wollen, der sie mit den verschiedenen psychosozialen Einrichtungen und Therapiemöglichkeiten vertraut machen würde. So könnten sie Kunden, die offensichtlich Hilfe benötigen, an solche Einrichtungen verweisen.

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Quelle: "Hairstylists' Relationships and Helping Behaviors With Older Adult Clients", Keith A. Anderson, Andrea M. Cimbal & Jeffrey J. Maile; Journal of Applied Gerontology, im Druck, doi:10.1177/0733464809338514


 

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