Buchrezension: Uwe Knop – Ernährungswahn
Eigentlich kann das alles ziemlich einfach sein. In seinem Buch „Ernährungswahn” gibt Knop Entwarnung für den Wahnsinn rund ums Essen und zwar auf der ganzen Linie. Von ganz zentraler Wichtigkeit ist seiner Ansicht nach schlicht und ergreifend das eigene Körpergefühl – der echte Hunger, die echte Lust, kulinarische Körperintelligenz eben. Wer sich danach richtet und vor allem nur dann isst, wenn er tatsächlich Hunger hat, und nur das isst, worauf er Lust hat und was ihm bekommt, kann laut Knop nach eigentlich nichts falsch machen. Er gibt hilfreiche Tipps an die Hand, wie man den Zugang zu seinem echten Hungergefühl (wieder)findet und warnt gleichzeitig vor Diäten und dem Essen aus problematischen Beweggründen: dem „Emotional eating”, also dem Essen aus Frust, Langeweile oder zum Kompensieren anderer Bedürfnisse.
Und vermeintlich gesunde Ernährungsweisen sind weder gesund noch ungesund. Im Grunde ist kein einziges Lebensmittel per se gesund oder ungesund. Was gesund ist und was nicht, ist hochgradig individuell und kann nur im Einzelfall bestimmt werden, nicht aber in Pauschalaussagen dogmatisiert werden. Jeder i(s)st eben anders. Und was einem bekommt, so Knop, weiß der eigene Körper wohl am besten. Das Körpergewicht ist zu einem großen Teil genetisch bestimmt. Zudem legt man im Normalfall mit dem Älterwerden etwas zu. Ab 40 etwa geht es leicht bergauf mit dem Gewicht. Sicher spielt die Ernährung eine Rolle für das Körpergewicht. Entscheidender als die exakte Zusammenstellung dessen, was auf den Teller kommt, ist aber die Energiebilanz: wie viel Energie verbraucht man – wie viel nimmt man auf? Fällt diese Rechnung positiv aus, und zwar dauerhaft, nimmt man zu.
Knop widmet sich unter anderem auch dem Phänomen Unverträglichkeiten. Viele Menschen glauben, dass sie irgendeinen oder gar mehrere Lebensmittelinhaltsstoffe nicht vertragen – tatsächlich ist dies aber nur bei wenigen auch der Fall. Knop rät hier klar und deutlich zum Besuch beim Gastroenterologen, um eine stichhaltige Diagnose zu erhalten. Auch besorgte Eltern schmäkiger und nörgeliger Kinder am Esstisch kann Knop in einem Kapitel zu Kinderernährung beruhigen. In den meisten Fällen wissen Kinder nämlich instinktiv, was ihnen gut tut und was nicht und eine abwechslungsreiche Ernährung stellt sich mit der Zeit von selbst wieder ein. Immer wieder neue Lebensmittel anbieten – aber nicht permanent intervenieren.
Darüber hinaus und nicht zuletzt ist „Ernährungswahn” eine wirklich spannende und unterhaltsame Lektüre. Es ist gut und humorvoll geschrieben und Knop demonstriert anhand vieler anschaulicher Beispiele unterschiedlicher Ernährungsstudien, wie leicht Daten schöngebogen und aufbereitet werden können – ganz gleich in welche Richtung. Statistik macht's möglich. Knop zeigt – betont ideologiefrei – genau diese Schwachstellen und Tricks auf. Ein Fazit am Ende von Abschnitten oder Kapiteln bringt das grade Gelesene nochmal auf den Punkt und vielleicht auch noch den ein oder anderen Aha-Effekt. Nach der Lektüre von „Ernährungswahn” kann man eines ganz bestimmt: bewusst und beruhigt essen, was einem schmeckt.
Knops Schlusswort: „Verjagen Sie die Angst vorm Essen vom Teller! Angst hat zu Tisch nichts zu suchen. Genießen Sie Ihr Essen, wie es Ihnen schmeckt. Und überlassen Sie den Ernährungswahn denen, die ihn als Orientierungshilfe im Leben brauchen. Guten Hunger!” Gesunde Menschen können sich sicher bedenkenlos auf das Experiment mit dem eigenen Körpergefühl einlassen. Wer unter einer Essstörung leidet, sollte sich aber besser mit seinem Arzt besprechen, bevor er den Selbstversuch in Sachen kulinarischer Körperintelligenz wagt.