Bakterien riechen die Konkurrenz

Bodenbakterien nehmen über eine "molekulare Nase" von anderen Bakterien freigesetztes Ammoniak wahr und reagieren darauf mit dem Erzeugen eines Biofilms
Bacillus subtilis (Phasenkontrast, 1000fach)
Bacillus subtilis (Phasenkontrast, 1000fach)
© Kookaburra
Newcastle (Großbritannien) - Auch Bakterien verfügen offenbar über eine Art von Geruchssinn. Britische Biologen haben entdeckt, dass Bacillus-Arten auf Ammoniak in der Luft reagieren, freigesetzt von konkurrierenden Bodenbakterien. Das Gas löst Signale aus, die die Bakterien dazu veranlassen, einen Biofilm zu bilden: eine schützende Schleimschicht, die auf festen Oberflächen haftet. Solche Biofilme schützen auch viele Krankheitserreger vor Antibiotika und der Immunabwehr. Die Blockade von Sensoren wie der jetzt entdeckten "molekularen Nase" könnte daher die Schleimbildung verhindern und die Behandlung von Infektionen verbessern, schreiben die Forscher im "Biotechnology Journal".

"Einen Geruchssinn hat man bei vielen Lebewesen entdeckt, sogar bei Hefen und Schleimpilzen, aber jetzt haben wir erstmals gezeigt, dass sogar Bakterien über einen Geruchssinn verfügen", sagt Grant Burgess vom Dove Marine Laboratory der Newcastle University. Zusammen mit Reindert Nijland entdeckte er, dass die beiden Bodenbakterien Bacillus subtilis and Bacillus licheniformis Ammoniak riechen können. Da diese Stickstoffverbindung im Stoffwechsel erzeugt und zum Teil freigesetzt wird, erkennen die Bakterien daran, dass andere Mikroben in der Nähe sind. Als Reaktion darauf bilden sie Botenstoffe, die bewirken, dass die ganze Kolonie einen Biofilm produziert. Diese Reaktion war im Experiment umso ausgeprägter, je näher sich die Kolonien der beiden Bacillus-Arten kamen.

"Aus evolutionärer Perspektive betrachtet, glauben wir, dass dies das erste Beispiel dafür sein könnte, wie Lebewesen gelernt haben, andere Lebewesen zu riechen", sagt Burgess. Neben dem Geruchssinn kennt man bei Bakterien bereits andere Sinnesleistungen: die Reaktion auf Licht, Berührung und gelöste chemische Stoffe. "Der nächste Schritt wird sein, den Sensor zu identifizieren, der für das Riechen verantwortlich ist", sagt Nijland. Die weiteren Arbeiten würden auch zum generellen Verständnis der Entstehung von Biofilmen beitragen. Diesen Prozess gezielt zu hemmen oder zu fördern, könnte nicht nur in der Medizin von großer praktischer Bedeutung sein.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Bacterial Olfaction", Reindert Nijland and Grant Burgess; Biotechnology Journal, Online-Publikation, DOI: 10.1002/biot.201000174


 

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