BSE-Erreger infizieren auch über die Atemluft

Die Erreger von Rinderwahn und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit können im Tierversuch auch über die Atemluft übertragen werden und die tödliche Gehirnkrankheit auslösen
Zürich (Schweiz) - BSE bei Rindern und die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen wurden durch verseuchte Nahrung verursacht, die infektiöse Proteine, so genannte Prione, enthielt. Doch jetzt haben schweizerische und deutsche Forscher festgestellt, dass die tödlichen Erreger auch mit der Atemluft in den Körper gelangen können. Bei Mäusen war die Infektion durch ein prionenhaltiges Aerosol sogar viel effektiver als bei Aufnahme von infektiöser Nahrung. Wahrscheinlich gelangen die Prionen aus den Atemwegen direkt ins Gehirn, wo sie sich vermehren und das Hirngewebe zerstören. Die Entdeckung dieses Übertragungswegs erfordere strengere Schutzvorschriften für das Personal von Laboren und Schlachthöfen, schreiben die Wissenschaftler im Online-Journal "PLoS Pathogens".

"Eine nur einminütige Exposition reichte aus, um hundert Prozent der Versuchstiere mit der Krankheit zu infizieren", sagt Adriano Aguzzi vom Institut für Neuropathologie des UniversitätsSpitals Zürich. Zusammen mit Wissenschaftlern des Friedrich-Loeffler-Instituts in Tübingen untersuchte sein Forscherteam, ob Prionen auch über die Luft übertragen werden können. Dazu setzten sie Mäuse in Inhalationskammern, in welche prionenhaltige Aerosole eingeleitet wurden. Je länger die Tiere die Luft einatmeten, desto früher zeigten sie erste Symptome der neurologischen Gehirnkrankheit. Es war bekannt, dass Prionen auf Immunzellen angewiesen sind, um aus dem Darm in das Gehirn zu gelangen. Beim Einatmen der Erreger hingegen spielt das Immunsystem offenbar keine Rolle, denn immundefekte Mäuse erkrankten genauso schnell wie gesunde Tiere.

Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass eine Infektion durch Prionen über kontaminierte Nahrung, Bluttransfusionen, transplantiertes Gewebe und verunreinigte chirurgische Instrumente möglich ist. Der jetzt entdeckte Übertragungsweg bedeutet, dass das Personal von Forschungs- und Diagnostiklabors sowie Mitarbeiter in der Fleisch verarbeitenden Industrie einem bisher unbekannten erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Daher sollten neue Sicherheitsvorkehrungen eingeführt werden, um diese Menschen zu schützen, so die Forscher. Ob eine Übertragung von Prionen durch die Luft auch unter natürlichen Bedingungen erfolgen kann, sei noch nicht geklärt. Die neuen Erkenntnisse bedeuten nicht, betont Aguzzi, dass Creutzfeldt-Jakob-Patienten Prionen mit der Atemluft ausscheiden und damit andere Menschen gefährden.

Prionen sind falsch geformte Proteine, deren Kontakt mit entsprechenden Molekülen der normalen Form dazu führt, dass diese die gleiche fehlerhafte Gestalt annehmen. Durch verunreinigtes Tierfutter sind in den vergangenen Jahrzehnten einige Hunderttausend Rinder an BSE (Bovine spongiforme Enzephalopathie), auch Rinderwahn genannt, erkrankt. Durch den Verzehr kontaminierter Fleischprodukte infizierten sich etwa 300 Menschen, die an der unheilbaren neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit starben.

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Quelle: "Aerosols Transmit Prions to Immunocompetent and Immunodeficient Mice", Johannes Haybaeck et al.; PLoS Pathogens, Vol. 7(1): e1001257, doi:10.1371/journal.ppat.1001257


 

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