Arm und Reich an der Körpersprache erkennen

Der ungefähre Kontostand eines Menschen zeigt sich nicht nur in Statussymbolen wie Autos oder Kleidung, sondern auch in seiner Haltung
Berkeley (USA) - "Mein Haus, mein Pferd, meine Yacht" - manche Menschen stellen ihren Reichtum unverblümt zur Schau. Armut wird dagegen eher verborgen. Geht jemand in stets geputzten Schuhen und sauberer und gebügelter Kleidung, entsteht für andere kaum der Eindruck, dass dieser Mensch arm sei. Doch lässt sich der wirtschaftliche Status eines Menschen auch erraten, wenn er sich mit materiellen Mitteln "tarnt", um nicht als reich oder arm erkannt zu werden: in seiner Körpersprache. Diese Erkennungsmöglichkeit beschreiben amerikanische Forscher in der Fachzeitschrift "Psychological Science".

Versuchspersonen wurden zu Treffen mit jeweils einem ihnen fremden Menschen eingeladen. Schon während des Hereintretens und des ersten Kennenlernens ließen Michael W. Kraus und Dacher Keltner von der University of California ihre Versuchspersonen filmen. Interessant bei diesem Experiment war nämlich weniger das Gespräch zwischen beiden als das Verhalten der Versuchsteilnehmer in dieser Kennenlernsituation. Die Forscher achteten vor allem auf zwei Verhaltensweisen: die engagierte Kontaktaufnahme mit Nicken, Lachen und Augenkontakt und die leicht unbeteiligt wirkende Zurückhaltung, während der die Versuchsperson auch gern mit irgendeinem Gegenstand spielte.

Es zeigte sich, dass diejenigen Versuchspersonen, die sehr auf ihren Gesprächspartner reagierten, ihn anlächelten oder seinen Blick suchten, eher aus bescheideneren Verhältnissen kamen. Die zurückhaltenden, etwas unbeteiligt wirkenden Versuchspersonen hatten eher besser gestellte Eltern.

Die Videoaufnahmen spielten die Forscher anschließend einer weiteren Gruppe von Versuchspersonen vor und ließen sie schätzen, welche der gezeigten Personen wohl welchen sozialökonomischen Status habe. Die Versuchspersonen hatten kaum Mühe, die Attribute "reich" und "arm" den gezeigten Personen anhand der Körpersprache zuzuordnen. Die Wissenschaftler erklären die unterschiedliche Körpersprache so, dass die Ärmeren eher von anderen Menschen abhängig seien und deshalb intensiver in Interaktion mit ihnen träten. Wer mehr Geld zur Verfügung habe, signalisiere dagegen unbewusst eher Unabhängigkeit. Wer etwa mit seinem Kugelschreiber spielt oder an Armreifen dreht, zeigt damit auch, dass er anderen nicht seine ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen lassen muss.

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Quelle: "Signs of Socioeconomic Status: A Thin-Slicing Approach", Michael W. Kraus, Dacher Keltner; Psychological Science,Vol 20, Issue 1 (2009), S. 99-106,
 DOI:10.1111/j.1467-9280.2008.02251.x


 

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