Verringertes Gichtrisiko bei vegetarischer Kost

Prospektive Studie zeigt: Menschen, die sich fleischlos ernähren, haben einen niedrigeren Harnsäurespiegel im Blut und erkranken seltener an der Stoffwechselstörung
Harnsäurekristalle aus der Gelenksflüssigkeit eines Gichtpatienten (Aufnahme mit polarisiertem Licht)
Harnsäurekristalle aus der Gelenksflüssigkeit eines Gichtpatienten (Aufnahme mit polarisiertem Licht)
© Bobjgalindo / Creative Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/
Taipeh (Taiwan) - Die Gicht ist eine in den Industrieländern immer häufiger auftretende Stoffwechselerkrankung. Dabei führt ein stark erhöhter Harnsäurespiegel im Blut zu Ablagerungen von Harnsäurekristallen in Gelenken, Nieren und Geweben. Das löst schmerzhafte Gelenksentzündungen und schwere Nierenschäden aus. Da Harnsäure durch den Abbau von Purinen entsteht, wird den Patienten eine purinarme Diät empfohlen. Erstmals bestätigen nun zwei prospektive Studien aus Taiwan, dass bei vegetarischer Ernährung das Risiko einer Gichterkrankung deutlich geringer ist als bei fleischhaltiger Kost – auch wenn größere Mengen an purinreichen Sojaprodukten verzehrt werden. Für den Schutzeffekt sind möglicherweise auch pflanzliche Inhaltsstoffe verantwortlich, die die Harnsäureproduktion hemmen und Entzündungen dämpfen, schreiben die Forscher im Fachblatt „Clinical Nutrition“.

„Wir konnten nachweisen, dass eine vegetarische Ernährung mit einem verringerten Gichtrisiko verbunden ist und dass sich diese Wirkung nicht nur auf das Absinken des Harnsäurespiegels beschränkt“, berichten Chin-Lon Lin von der Fu-Jen Catholic University in Taipeh und Kollegen. Sie werteten Daten zweier unabhängiger Studien aus, an denen insgesamt 14.000 taiwanische Mitglieder einer humanitären Hilfsorganisation teilgenommen hatten, die zu Beginn der Untersuchung keine Gichtsymptome zeigten. Alle Probanden waren Buddhisten, hatten seit mindestens zwei Jahren weder geraucht noch Alkohol konsumiert. Sie gaben Auskunft über ihre Ernährungsgewohnheiten und bestehende Erkrankungen. Etwa 4700 aßen weder Fleisch noch Fisch.

Im Verlauf von fünf bis neun Jahren erkrankten 226 Personen an Gicht. In der ersten Studie hatten Vegetarier ein um 67 Prozent geringeres Krankheitsrisiko als die Fleischesser. In der zweiten Studie waren es 39 Prozent. Der Harnsäureblutspiegel von Vegetariern, die auch Eier und Milchprodukte aßen, war niedriger als der von Veganern, die keinerlei tierische Produkte konsumieren. Der positive Effekt einer fleischlosen Kost erwies sich als unabhängig von der Höhe des Harnsäurespiegels zu Beginn der Studie.

Die Vegetarier aßen statt Fleisch und Fisch vermehrt Sojaprodukte. Obwohl diese pflanzlichen Nahrungsmittel einen hohen Puringehalt aufweisen, verstärkten sie offenbar das Gichtrisiko nicht. Der Konsum pflanzlicher Purine sei möglicherweise unbedenklicher als der Verzehr von Purinen tierischen Ursprungs, schreiben die Autoren. Zudem könnten Sojaprodukte und andere Inhaltsstoffe von Pflanzen Entzündungen hemmen, die Produktion von Harnsäure drosseln oder ihre Ausscheidung verstärken. Deshalb sei eine rein pflanzliche Ernährung eine erfolgversprechende Strategie bei der Therapie und Prävention von Gicht. Weitere Studien sollten aber noch prüfen, ob sich die präsentierten Ergebnisse auch auf andere Bevölkerungsgruppen übertragen lassen.

An Gicht erkranken überwiegend Männer, von denen in den westlichen Industrieländern ein bis zwei Prozent betroffen sind. Zu den Purinen zählen unter anderem die DNA-Bausteine Adenin und Guanin sowie Xanthin und Hypoxanthin. Die beim Abbau entstehende Harnsäure wird überwiegend über die Niere ausgeschieden. Bei Menschen mit erhöhtem Harnsäurespiegel kann starker Fleischkonsum, aber auch Alkoholmissbrauch einen Gichtanfall auslösen. Milch und Milchprodukte, Eier, Obst, viele Gemüsesorten und Getreideprodukte sind Lebensmittel mit geringem Puringehalt.

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