Fliegenlarven auf Entzug: Einfaches Tiermodell für Alkoholismus
„Eine Alkoholtoleranz beruht auf Anpassungen, die dem Alkoholeffekt entgegenwirken. Und diese Anpassungen helfen dem Nervensystem in Gegenwart von Alkohol zu funktionieren“, sagt Brooks Robinson aus dem Forscherteam von Nigel Atkinson an der University of Texas in Austin. „Aber wird dann der Alkohol entzogen, bleiben die Anpassungen bestehen und stören die normale Funktion des Nervensystems.“ Die Forscher konnten diese Prozesse in Experimenten mit Drosophila-Larven nachvollziehen und entwickelten damit ein einfaches Tiermodell, das genauere Analysen erleichtert. Dazu ermittelten sie die Lernleistung der Tiere, indem sie sie mit Hilfe von Hitzeschocks darauf trainierten, einen attraktiven Geruch zu meiden.
Maden, die eine Stunde lang alkoholhaltige Nahrung aufgenommen hatten, lernten langsamer als nüchtern gebliebene. Nach sechstägiger Ernährung mit Alkoholzusatz lag der Alkoholspiegel bei einem Wert, der einem Blutalkoholgehalt von 0,5 bis 0,8 Promille beim Menschen entsprechen würde. Diese Tiere lernten genauso schnell wie normal ernährte. Eine anschließende Umstellung auf alkoholfreie Kost führte schon nach sechs Stunden zu schlechteren Testergebnissen. Doch erneute Alkoholgabe verbesserte die Lernleistung wieder. Erste Untersuchungen ergaben, dass unter Entzugsbedingungen die Signalweiterleitung von Nervenzellen nicht mehr normal funktioniert. Der Alkoholeffekt lässt sich also auf gestörte Funktionen einzelner Nervenzellen zurückführen und seine Erforschung ist nicht abhängig von komplexen Schaltkreisen höher entwickelter Gehirne. Das vergleichsweise einfache Nervensystem der Fliegenlarven und die Möglichkeit genetischer Analysen und Manipulationen an Taufliegen erleichtern weitere Arbeiten. Die Forscher sind davon überzeugt, dass viele der daraus gewonnenen Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sein werden.