Weniger Verben kurz vorm Börsencrash
"Unsere Studie zeigt, dass Reporter sich in der Sprache annähern. Mit Begriffen wie 'die Kurse stiegen wieder', 'erreichten neue Höhen' oder 'schossen nach oben' klangen ihre Kommentare im Vorfeld des Crashs von 2007 immer einheitlicher positiv", sagt Mark Keane, Professor für Computerwissenschaft im University College Dublin. Sein Team hatte in Finanz-Artikeln der New York Times, der Financial Times und der BBC zwischen 2006 und 2010 die Wörter gezählt. In einem Computermodell konnte es die Häufigkeit darstellen, mit der einzelne Begriffe auftauchten, und stellte fest, dass vor allem die Verben und Nomen ihre Vielfalt verloren. Ein Abgleich mit den führenden Börsenindizes der USA, Japans und Großbritanniens zeigte, dass das Absinken der Sprachvielfalt mit dem Steigen der Börsenkurse korellierte. Offenbar folgten die Autoren einer Art Herdentrieb, um den sich aufheizenden Markt zu beschreiben. In den Texten direkt nach dem Crash war diese Übereinstimmung wieder verschwunden.
Keanes Team hält den Effekt für nützlich, um künftige Aktienmarktkrisen schneller zu erkennen. Schließlich zeige eine intelligente Datenauswertung auch andernorts Erfolge, erklärt Ko-Autor Aaron Gerow: "Google konnte aus der Analyse von Suchanfragen Autoverkäufe vorhersagen, das Amazon-Buchempfehlungssystem fasst die Kundenpräferenzen in der Verknüpfung von Buchtiteln zusammen. Also weshalb sollte man nicht auf die Sprache der Finanzkommentatoren lauschen, um zu sehen, ob sie die Börse vorhersagen hilft?"