War die Kreuzigung in der Antike eine übliche Strafe?

"Das Problem ist, dass Beschreibungen von Kreuzigungen in der antiken Literatur auf bemerkenswerte Weise fehlen", erklärt Gunnar Samuelsson von der Universität Göteborg. "Die Quellen, in denen man erwartet, etwas zum Verständnis dieses Ereignisses zu finden, sagen nicht wirklich etwas aus." Samuelsson hat alle griechischen, lateinischen und hebräischen/aramäischen Quellen, die er finden konnte, von Homer bis zum ersten nachchristlichen Jahrhundert analysiert. Dabei stellte er fest, dass es zahlreiche Varianten von Strafen gab, in denen ein Verurteilter auf irgendeine Weise aufgehängt wurde. Dadurch, dass diese Aufhängstrafen samt der dazu benutzten Ausrüstung oder der verwendeten Objekte oft genau beschrieben wurden, wird deutlich, dass die Menschen in der Antike außerordentlich einfallsreich waren, wenn es um das Ausdenken grausamster Strafen ging. Doch die Beschreibung von Kreuzigungen fehlt seltsamerweise in diesen Quellen. Sie tauchen erst im Umfeld der Ereignisse um Jesus auf und dort nicht sehr detailliert.
"Die Konsequenz hieraus ist, dass die Kreuzigung als Strafe in unserem Verständnis ernsthaft angezweifelt werden muss", sagt Samuelsson. "Und auch die Berichte von der Kreuzigung Jesu müssen angezweifelt werden. Das Neue Testament sagt nicht so viel darüber aus, wie wir es gern glauben würden."