Rätselhafter unterirdischer Steinbruch im Jordan-Tal entdeckt
"Der ursprüngliche Zweck der Höhle war ein Steinbruch", erläutert Adam Zertal von der Universität Haifa. "Das ging so 400 bis 500 Jahre. Aber andere Funde weisen entschieden darauf hin, dass der Ort auch für andere Zwecke genutzt wurde, etwa für ein Kloster oder als als Zufluchtstätte." Die Hauptfrage, die sich den Archäologen stellt, ist die nach dem Sinn eines unterirdischen Steinbruchs. "Alle Steinbrüche, die wir kennen, sind über der Erde. Unterirdisch Steine abzubauen erfordert extreme Anstrengungen, da ja die schweren Felsbrocken erst an die Oberfläche geholt werden müssen. Die Frage ist: warum?"
Eine mögliche Antwort könnte in der so genannten Madaba-Mosaikkarte liegen. Dieses byzantinische Mosaik, das aus der Mitte des 6. Jahrhunderts stammt, wurde beim Jordan gefunden und zeigt die älteste Darstellung des Landes Israel. Jerusalem und das Jordan-Tal sind mit einiger Präzision eingetragen, ebenso der Ort Gilgal, der sich neben der griechischen Inschrift "Dodekaliton" befindet, was 'Zwölf Steine' bedeutet. Bisher hat man in der Forschung die Bezeichnung "Dodekaliton" auf die zwölf Steine bezogen, die die Kinder Israels in Gilgal platziert hatten. Aber es könnte sich dahinter auch der Hinweis auf den Steinbruch verbergen, den die Byzantiner dort errichtet hatten, wo sie den Ort Gilgal vermuteten - den ersten Lagerplatz der Israeliten nach der Überquerung des Jordans. "Während dieser Zeit war es üblich, Tempel aus jenen Steinen zu bauen, die von heiligen Stätten stammten. Das waren dann wertvollere Steine", erklärt Zertal. "Wenn unsere Annahme richtig ist, dann bot die byzantinische Gleichsetzung dieses Ortes mit dem Ort Gilgal den notwendigen Bezug, um dort einen Steinbruch zu errichten."
Eingeritzte Kreuzeszeichen in den Wänden der Höhle deuten aber auch auf einen weiteren Zweck des Baus hin. Möglicherweise hat der Bau im frühen Mittelalter auch noch als Kloster gedient.