Mit 19 Monaten bringen Kinder verschiedene Dialekte unter einen Hut

Ein und dasselbe Wort von zwei Sprechern verschiedener Mundart gesprochen, bringt Babys bis etwa zum Alter von anderthalb Jahren durcheinander. Erst danach kann das Kind verschiedene Aussprache einem Wort zuordnen
Bankstown (Australien) - Manche Deutsche sprechen das Wort "weg" wie "wech" aus, andere dagegen wie "weck". Normalerweise hat aber niemand Schwierigkeiten, die Aussprachen "wech" und "weck" demselben Wort zuzuordnen. Nur sehr kleine Kinder verstehen nur die Aussprachevariante, die sie gewöhnt sind. Erst ab dem Alter von etwa 19 Monaten, so fanden australische Forscher jetzt heraus, bringen Kinder mehrere Aussprachevarianten eines Wortes unter einen Hut. Noch mit 15 Monaten können die Kinder die fremde Aussprache einem bekannten Wort nicht zumuten, legen die Wissenschaftler in der Zeitschrift "Psychological Science" dar.

In einem Experiment bekamen 15 und 19 Monate alte amerikanische Kleinstkinder verschiedene Aussprachen bekannter Wörter vorgespielt. Teils wurden die Wörter in amerikanischem Englisch gesprochen, teils in jamaikanischem Englisch. Das Team um Catherine Best von der Western Sydney University untersuchte nun durch die Aufmerksamkeit, mit der sich die Kinder den Wörtern jeweils widmeten, ob die verschieden ausgesprochenen Wörter verstanden wurden.

Es zeigte sich, dass die 15 Monate alten Kinder die jamaikanisch ausgesprochenen Wörter noch wenig beachteten. Offenbar brachten sie sie nicht mit denselben, nur amerikanisch ausgesprochenen Wörtern in Verbindung. Ganz anders dagegen die nur vier Monate älteren Kinder: Sie schienen zwar die amerikanisch gesprochenen Wörter zu bevorzugen, hörten aber auch den jamaikanisch ausgesprochenen zu.

Die Forscher nennen diese Fähigkeit, ein Wort in verschiedenen Dialektaussprachen wiederzuerkennen, "phonologische Konstanz". Phoneme sind die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten einer Sprache. Sie umfassen aber jeweils zahlreiche Aussprachevarianten, die nicht bedeutungsunterscheidend sind. So gehören etwa im Deutschen das gerollte R und das Zäpfchen-R, das im Rachen gesprochen wird, zu einem Phonem /r/. Denn im Deutschen gibt es keine Wörter, die sich nur dadurch unterscheiden, dass sie mit gerolltem R oder mit Zäpfchen-R gesprochen werden. Das Alter von 19 Monaten ist offenbar das Alter, wo der Mensch dieses Phonemverständnis seiner Muttersprache zu entwickeln beginnt.

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Quelle: "Development of Phonological Constancy: Toddlers' Perception of Native- and Jamaican-Accented Words", Catherine T. Best, Michael D. Tyler, Tiffany N. Gooding, Corey B. Orlando, Chelsea A. Quann; Psychological Science, Vol 20 , issue 5 (2009), S. 539-542, DOI: 10.1111/j.1467-9280.2009.02327.x


 

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