Kalenderblatt 19.01.2011: Vor 275 Jahren wurde James Watt geboren

Ohne seine Erfindungen hätte die Industrialisierung vielleicht einen anderen Verlauf genommen, und sicher hätte sie später eingesetzt: Vor 275 Jahren, im Januar 1736, wurde James Watt geboren, der die Dampfmaschine zum wichtigsten Energielieferanten machte - ihr Kern steckt noch heute in Dampfturbinen und Atomreaktoren
James Watt 1792
James Watt 1792
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Dass mit Wasserdampf Energie erzeugt werden kann, war schon lange vor James Watts Geburt bekannt. Bereits 1712 hatte der Schmied Thomas Newcomen für die Entwässerung im Bergbau eine Dampfmaschine entwickelt. Doch sie war zu schwach für die Pumpen untertage und verbrauchte unverhältnismäßig viel Kohle. Die Bergbauindustrie suchte daher händeringend nach einer besseren Lösung, doch bis dahin sollten noch Jahrzehnte vergehen. Und es mussten erst einige Umstände zusammenkommen: Ein mittelloses Genie, ein bedeutender Konkurrent, der sich wegen Selbstüberschätzung zu früh mit seiner Verbesserung zufrieden gab, ein rettender Geldgeber für das Genie sowie - last not least - eine patente Ehefrau, die dem Genie den Rücken freihielt. James Watt kam im Januar 1736 im schottischen Greenock zur Welt. Nach dem julianischen Kalender, der damals im Königreich Großbritannien noch galt, war sein Geburtstag der 19. Januar, nach dem gregorianischen Kalender war es der 30. Januar. Sein Vater und sein Großvater waren arm, aber gebildet: Der Vater konstruierte nautische Geräte, dessen Vater war Mathematiklehrer. So durfte der kleine James durchaus mit Verständnis rechnen für seine Interessengebiete Technik, Mineralien, Pflanzen und Literatur aller Art. Allerdings konnten seine Eltern ihm keine gute Ausbildung finanzieren. Eine Lehre als Instrumentenbauer musste er aus Geldmangel nach einem Jahr abbrechen, statt die vorgeschriebenen sieben Lehrjahre abzuleisten. Dadurch war es ihm auch verwehrt, offiziell eine eigene Werkstatt zu eröffnen, denn dies ließ die strenge Zunft nicht zu. Stattdessen kam er bei der Universität Glasgow unter, um deren technische Vorführgeräte zu warten und zu reparieren.

So kommt er 1763 in Berührung mit einem Modell der Dampfmaschine von Thomas Newcomen. Die verkleinerte Nachbildung ermöglicht es James Watt, die Maschine in allen Details zu studieren. Zudem kann er sie auch in seiner kleinen Universitätswerkstatt wieder und wieder Probe laufen lassen, um ihr Funktionieren ganz zu durchdringen. Schließlich fasst er den Plan, eine Kraftmaschine zu entwickeln, die eine höhere Leistung bei weniger Kohleverbrauch erbringt. Das Problem von Newcomens Dampfmaschine war, dass der heiße Dampf im Zylinder schnell abkühlte. Watt konstruierte einen speziellen Kondensator, der sich außerhalb des Zylinders befand. Der Dampf kondensierte schneller, der Zylinder blieb heiß und die Maschine konnte schneller laufen. Allerdings funktionierte dies vorerst nur im Modell und in den Planungen. Watts Maschine musste auch größer werden als alles, was bisher gebaut worden war. Dazu war natürlich zuallererst Geld nötig. Geld, das Watt nicht hatte. Doch 1768 fand er einen Unternehmer, der bereit war, die Entwicklungskosten zu übernehmen, wenn Watt ihm später zwei Drittel der Einnahmen abtrat. Technisch gab es zudem die Schwierigkeit, Schmiede oder Eisengießer zu finden, um die Eisenstücke in der erforderlichen Größe und Passgenauigkeit herzustellen. In ganz Schottland fand Watt keine Schmiedewerkstatt, die dazu in der Lage war. Erst in Birmingham, dem damaligen Technologiezentrum, wurde Watt fündig. Inzwischen wusste der Tüftler, dass er einen harten Konkurrenten hatte: den als Vater des Bauingenieurwesens geltenden John Smeaton (1724-1792). Kurzfristig gelang es Smeaton, Watt zu überholen. Doch der zu seiner Zeit hochberühmte Mann optimierte letztlich nur das Zusammenspiel der bisherigen Komponenten und glaubte, mehr könne ohnehin nicht erreicht werden. Als Watt schließlich 1777 den Auftrag bekam, eine Dampfmaschine nach seinen Plänen, Berechnungen und Vorstellungen zu bauen, hatte Smeaton keine andere Waffe mehr als die Sabotage: Er sorgte dafür, dass sich der für die Maschine verantwortliche Mechaniker in der Nacht vor dem ersten Testlauf sinnlos betrank und am nächsten Tag die Maschine falsch bediente, was zu ihrem Ruin führte. Es sollte Smeatons letzter Triumph sein. Trotz des Misserfolgs beim Testlauf war die Nachricht, dass James Watt eine leistungsfähige Dampfmaschine entwickelt hatte, nicht mehr aufzuhalten.

Wirtschaftlich war James Watt lange kein Glück beschieden. Er wurde zwar 1757 von der Universität Glasgow zum mathematischen Instrumentenbauer ernannt und konnte aufgrund dieses Titels einen eigenen Laden eröffnen. Doch da er nicht sehr geschäftstüchtig war und sein stiller Teilhaber früh starb, stand er bald vor einem Schuldenberg, den er nur verringern konnte, indem er als Landvermesser arbeitete. Auch für die Landvermessung hatte er neue Geräte entwickelt, doch nahm ihm diese Arbeit die Zeit für sein eigentliches Lebenswerk, die Dampfmaschine. Seine Jugendliebe Margaret, die er 1763 geheiratet hatte, unterstützte ihn nach Kräften und half vor allem im Laden, doch sie starb nach zehnjähriger Ehe im Kindbett, als sie ihr viertes Kind zur Welt bringen sollte.

Als James Watt nach 1777 ein berühmter Mann war, interessierte sich Friedrich II. von Preußen für seine Erfindung. Watt versuchte in den Verhandlungen mit den preußischen Gesandten, ein Liefermonopol für 14 Jahre zu erlangen. Das fand der Preußenkönig zu lang und verlegte sich auf Industriespionage: Er schickte Bergbauexperten nach England, die Watts Maschine ausspionieren sollten. Es gelang den Spionen zwar, die Funktion der Maschine zu erfassen, aber die Materialfrage, die auch Watt so lange beschäftigt hatte, konnten sie auf diese Weise nicht lösen. Dies gelang erst, als der preußische König einen Mechaniker aus Watts Gießerei heimlich abwerben konnte.

Watt kam erst zu einem tragfähigen Geschäftsmodell, als er den Grubenbesitzern in der Bergbauregion Cornwall eine Art Leasing-Modell vorstellte: Sie sollten seine Maschinen nicht kaufen, sondern nur deren Nutzung bezahlen. Die Gebühr sollte ein Drittel der Summe betragen, die die Grubenbesitzer für ihre bisherigen Maschinen an Betriebskosten aufwenden mussten. Auf diesen Handel ließen sich die Grubenbesitzer ein. Damit sich die Bergwerkbetreiber die Leistungsunterschiede vorstellen konnten, schuf Watt eine neue Bezugsgröße - die Leistung eines Grubenpferdes, bis heute bekannt als "Pferdestärke".

James Watt, der zeitlebens als freundlicher, bescheidener und geselliger Mensch galt, war im Alter auch wissenschaftlich hoch geachtet. Die Universität Glasgow hatte ihn zum Ehrendoktor ernannt, und er war korrespondierendes Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften. Er starb am 19. August 1819.

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Quelle: eigene Recherche


 

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