Jede Epoche hat ihre Vampire

Bei einem Blick auf den Markt für Unterhaltungsliteratur könnte man meinen, es gebe zurzeit ein ganz besonders starkes Bedürfnis nach Vampirgeschichten. Doch ein amerikanischer Forscher hat jetzt festgestellt, dass seit Ende des 19. Jahrhunderts jede Epoche ihre ganz eigenen Vampirgeschichten hat
Bloomington (USA) - Es hat den Anschein, als könnten die Leser in den USA und Europa im Moment gar nicht genug bekommen von Vampirgeschichten. Doch der Schein, dass dies ausschließlich ein Phänomen von heute ist, trügt: Seit Bram Stokers Dracula-Roman von 1897 lässt sich bis heute für fast jede Epoche eine besondere Art von Vampirgeschichten belegen. Das zeigt jetzt ein amerikanischer Forscher in seinem neuesten Buch "The Living and the Undead: Slaying Vampires, Exterminating Zombies" (Die Lebenden und die Untoten: Vampire erschlagen, Zombies ausrotten). Und ein Ende der Vampir-Manie sei noch lange nicht in Sicht, so der Autor.

"Bis zu einem gewissen Grade kann man jede Version der Vampirgeschichte mit ganz bestimmten historischen Momenten verbinden", erklärt Gregory Waller von der Indiana University. "Was mich interessierte, als ich das Buch schrieb, waren die Variationen und Umwandlungen der Geschichte durch die Medien vom 19. Jahrhundert bis zu den 1980er Jahren." Waller hat Romane, Geschichten, Theaterstücke, Spielfilme und Fernsehfilme analysiert, darunter mehrere Verfilmungen von Stokers Dracula-Roman, Murnaus Stummfilm "Nosferatu" von 1922, Richard Matheson Erzählung "I am Legend" von 1954, Stephen Kings Roman "Brennen muss Salem" von 1975, Werner Herzogs Film "Nosferatu - Phantom der Nacht" von 1979 und "Night of the Living Dead" von George Romero aus dem Jahr 1968.

Darstellungen von Vampiren in den 1930er Jahren waren - wegen der Weltwirtschaftskrise - gekennzeichnet durch Bedrohungsszenarien von alten Kulturen gegenüber der modernen Welt. Bei Richard Mathesons "I am Legend" geht es um ein Massensterben, das hier von einem aggressiven Virus ausgelöst wurde. Dieses Werk konnte laut Waller erst nach 1945 entstehen. Und "Night of the Living Dead" bezieht sich deutlich auf den Vietnamkrieg.

Das heutige Bedürfnis nach Vampirgeschichten werde vor allem von den Teenagern und ihren Ängsten gespeist, so Waller. Aber im Zeitalter von Internet und Globalisierung gehe es natürlich auch um die Verbreitung von Vampirgeschichten über die ganze Welt. Weil es immer wieder neue Anreize gibt, würden die Vampirgeschichten in nächster Zeit nicht unmodern werden.

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Quelle: "The Living and the Undead: Slaying Vampires, Exterminating Zombies", Gregory A. Waller, University of Illinois Press 2010, im Druck, ISBN 978-0252077722


 

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