Herrschaftssicherung per Vertrag - schon vor 2700 Jahren

Ein Assyrerkönig ließ sich 672 vor Christus von einem anderen Herrscher vertraglich bestätigen, dass sein Sohn einst als Thronfolger anerkannt werde. Der Vertrag ist auf einer kürzlich entdeckten Keilschrifttafel festgehalten.
Kanadische Wissenschaftler graben eine weitgehend intakte, aber schon schlecht lesbare Keilschrifttafel aus, die die Thronfolge von Asarhaddon behandelt.
Kanadische Wissenschaftler graben eine weitgehend intakte, aber schon schlecht lesbare Keilschrifttafel aus, die die Thronfolge von Asarhaddon behandelt.
© J. Jackson
Toronto (Kanada) - Es muss nicht immer Gewalt sein, die eine Herrschaft sichert. Diese Erkenntnis hatte offenbar schon vor 2700 Jahren ein assyrischer König: Eine kürzlich entdeckte Keilschrifttafel offenbart, dass sich der Assyrer Asarhaddon Jahre vor seinem Tod von einem anderen Herrscher schwören ließ, dass dieser Asarhaddons Sohn Assurbanipal als Nachfolger anerkennen werde. Dies ist die erste wichtige Erkenntnis, die ein kanadisches Archäologenteam aus der mit 650 Zeilen beschrifteten Tontafel gewonnen hat. Die vollständige Entzifferung der Tafel werde aber noch Monate in Anspruch nehmen, so die Forscher.

"Diese Tafel ist ziemlich spektakulär", erklärt Timothy Harrison von der University of Toronto. "Sie enthält einen 672 vor Christus geschlossenen Vertrag zwischen Asarhaddon, dem König von Assyrien, und einem anderen Herrscher, der im Prinzip die assyrische Macht anerkannte. In diesem Text schwört dieser andere Herrscher, Asarhaddons Sohn und Nachfolger Assurbanipal anzuerkennen."

Asarhaddon hatte - wie in der Forschung schon länger bekannt ist - selbst erfahren müssen, was es bedeutet, wenn eine Thronfolge von Missgunst und Nichtanerkennung begleitet wird: Sein Vater Sanherib hatte ihn, den jüngsten Sohn, zur Thronfolge bestimmt, was seine älteren Brüder so wütend machte, dass sie den Vater umbrachten. Allerdings hatte Sanherib von der Wut seiner älteren Söhne noch erfahren und seinen Sohn Asarhaddon an einen geheimen Ort in Sicherheit bringen lassen. Nach der Ermordung Sanheribs stritten sich die älteren Brüder um die Thronfolge. Asarhaddon machte sich unterdessen nach Ninive auf, der damaligen Hauptstadt des assyrischen Reiches, um sich dort seine Rechte als Thronfolger bestätigen zu lassen. Dabei sollten ihm Truppen seiner Brüder den Weg versperren. Sie liefen aber zu ihm über. So konnte Asarhaddon im März 681 vor unserer Zeit in Ninive Einzug halten.

Neun Jahre später, 672, hatte Asarhaddon offenbar das Bedürfnis, seine Nachfolge zu regeln. Wer der andere Herrscher in der gefundenen Keilschrifttafel ist, wissen die Forscher noch nicht. Aber möglicherweise steht der Keilschriftvertrag in Zusammenhang mit den Phrygern. Obwohl dieses indogermanische Volk bereits seit etwa dem 11. Jahrhundert vor Christus belegt ist, scheint es ein richtiges Reich erst ab dem 8. Jahrhundert gegründet zu haben. Eventuell wollte sich Asarhaddon mit den Phrygern oder auch mit einem anderen der zu seiner Zeit aufstrebenden Völker verständigen.

Die 43 mal 28 Zentimeter große Tontafel enthält 650 Zeilen und ist in einem sehr schlechten Zustand. "Es wird Monate dauern, bevor das Dokument vollständig lesbar ist", erklärt Harrison. "Es ist ja nicht so, dass man so eine Tontafel aus der Erde zieht, sich hinsetzt und sie liest. Wir erwarten, noch sehr viel mehr Informationen zu finden, je weiter wir in der Restauration und der Analyse des Dokuments fortschreiten." Aber eines ist schon jetzt klar: Der Vertrag scheint dem Thronfolger geholfen zu haben - Assurbanipal trat die Nachfolge Asarhaddons an und regierte 38 Jahre.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: University of Toronto


 

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