Eine Königin im alten Kanaan?

Vermutlich hat in Kanaan vor 3300 Jahren eine Frau geherrscht - ein einzigartiger archäologischer Fund lässt darauf schließen
Keramiktafel, die im heutigen Tel Beit Shemesh gefunden wurde
Keramiktafel, die im heutigen Tel Beit Shemesh gefunden wurde
© AFTAU
Tel Aviv (Israel) - Eine Keramiktafel mit der Abbildung einer königlichen Figur könnte ein Hinweis auf eine Frau als Königin in Kanaan sein. Dies wäre eine Sensation, denn Herscherinnen waren vor etwa 3300 Jahren in den Kulturen des Nahen Ostens nicht unbedingt vorgesehen. Doch die Abbildung lässt nur wenige Zweifel, dass es sich um eine Frau handelte, wie zwei israelische Forscher berichten. Sie zeigt eine Figur mit angewinkelten Armen und einem zur Seite gewandten Kopf. In jeder Hand hält sie Lotusblumen - Kennzeichen für Frauen. Falls sich der Verdacht erhärtet, wäre dies die einzige Herrscherin in dieser Region in der Antike.

"Wir haben den Fund einem Kunsthistoriker vorgelegt, der unsere Vermutung, dass die Figur eine Frau darstelle, bestätigte", erklärt Zvi Ledermann von der Universität Tel Aviv. "Es könnte sein, dass wir jene 'Meisterin der Löwinnen' gefunden haben, die Briefe von Kanaan an den ägyptischen Pharao gesandt hat." Um 1350 vor Christus herrschte große Unruhe in Kanaan, das sich etwa vom Süden Syriens bis zur Wüste des Sinai hinzog. Wiederholt riefen die kanaanitischen Herrscher die Ägypter zu Hilfe, doch diese reagierten nur zögerlich. Unter dieser Korrespondenz, die vor einigen Jahren entdeckt wurde, stachen zwei Briefe besonders hervor. Sie waren von einer "Meisterin der Löwinnen" unterzeichnet. Sie schrieb, dass raue Gesellen und Rebellen in die Region gekommen seien und dass ihre Stadt nicht sicher sei.

"Die große Frage ist: In welcher Stadt hat sie geherrscht?", erklären Lederman und sein Kollege Shlomo Bunimovitz. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt Beth Shemesh gewesen ist, die damals etwa 1500 Einwohner hatte, und heute von den israelischen Forschern untersucht wird. "Diese Stadt wurde so brutal zerstört, wie man es selten in der Archäologie sieht", sagt Bunimovitz. Dies ist für die Archäologen allerdings ein Glücksfall. Denn die Menschen waren damals gezwungen, Hals über Kopf zu fliehen, wobei sie nur das Nötigste mitnehmen konnten. Viele Alltagsgegenstände blieben so liegen, wie ihre Besitzer sie zurückgelassen hatten. Diese Gegenstände zeigen, dass es sich um eine wohlhabende und wichtige Stadt gehandelt haben muss.

"Die Entdeckung der Keramiktafel und die tatsächliche Zerstörung der Stadt, die in den Tontafeln an den Pharao befürchtet wird, könnten bestätigen, dass die Abbildung tatsächlich die mysteriöse 'Meisterin der Löwinnen' zeigt und dass sie das kanaanitische Beth Shemesh regiert hat. Es gibt sonst keine Hinweise auf andere Frauen, die eine größere Stadt dieser art regiert haben könnte", sagen die beiden Forscher. "Sie ist die Einzige. Wir hoffen, im kommenden Sommer mehr darüber herauszufinden."

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Quelle: Universität Tel Aviv


 

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