Berufserfahrung? - Nein, danke!

"Wir fanden Belege dafür, dass Erfahrungen unvorhersehbare Kosten genauso mit sich bringen wie Nutzen", erklärt Steffanie L. Wilk von der Ohio State University. "Das ist einer der Gründe dafür, warum frühere Studien nicht auf der ganzen Linie den Nutzen von Berufserfahrungen nachweisen konnten, den alle erwartet hatten."
Fast 800 Angestellte in zwei großen Call-Centern eines großen Versicherungsunternehmens in den USA konnte das Forscherteam in Bezug auf deren Berufserfahrung unter die Lupe nehmen. Die Wissenschaftler verglichen die Routinen und die Leistungsfähigkeit der Call-Center-Angestellten mit ihren früheren Berufserfahrungen aus anderen Firmen der Branche. Zwar bringen die berufserfahrenen Angestellten tatsächlich einen höheren Kenntnisstand und eine größere Routine mit. Doch gemessen an dem, was sie nach dieser Berufserfahrung eigentlich leisten können müssten, blieben sie hinter den Erwartungen zurück. Das heißt, die Berufserfahrungen wurden auch zu einem negativen Faktor.
Die berufserfahrenen Angestellten brachten, so Wilk und ihre Kollegen, neben ihren Routinen eben auch Angewohnheiten mit, die im neuen Job nicht mehr sinnvoll waren. Und sie waren nur schlecht in der Lage, sich von diesen Angewohnheiten zu lösen. In einer weiteren Analyse ließen die Forscher die direkten Vorgesetzten der Angestellten angeben, wie gut und schnell sich die Mitarbeiter jeweils in die Arbeitsbedingungen eingefügt hätten. Ihre Angaben glichen die Forscher wiederum mit den Berufsbiografien der Angestellten ab. Hier zeigte sich sehr deutlich, dass die Mitarbeiter, die kaum durch frühere Berufserfahrungen vorbelastet waren, sich am schnellsten an die geforderte Arbeit gewöhnten.
"Manager neigen gern zu der Annahme, dass neue Angestellte mit einschlägigen Erfahrungen nicht so viel Anleitung bräuchten wie unerfahrene Angestellte", sagt Wilk. "Doch erfahrene Angestellte benötigen unter Umständen noch mehr Hilfestellung, weil sie die ineffektiven Angewohnheiten aus dem alten Job abstreifen und lernen müssen, wie sie für den neuen Arbeitgeber die beste Leistung bringen."