Akzent hängt von Sympathie für eine Kultur ab

Wie sehr jemand eine Fremdsprache mit Akzent spricht, hängt offenbar auch davon ab, wie weit Verständnis oder Sympathie gehen für das Land, in dem diese Sprache gesprochen wird
Haifa (Israel) - Wenn zwei gleichaltrige Menschen derselben Herkunft eine gleich lange Zeit in einem fremden Land leben, kann ihr Akzent in der Fremdsprache dennoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Dies bringt ein israelisches Wissenschaftlerteam jetzt mit der Sympathie oder dem Verständnis für ein Land in Verbindung. In Experimenten konnten die Forscher zeigen, dass russische Einwanderer in Israel je nach gefühlsmäßiger Einstellung zu ihrem neuen Heimatstaat einen unterschiedlichen starken Akzent hatten. Bei Arabern, die seit Kindesbeinen in Israel gelebt haben, so zeigen die Forscher in der Fachzeitschrift "International Journal of Bilingualism", machen sich solche Unterschiede nicht bemerkbar.

"Israel ist wegen der komplexen Zusammensetzung der Bevölkerung das perfekte Labor für das Thema Zweitspracherwerb", erklärt das Forscherteam um Raphiq Ibrahim von der Universität Haufa. "Diese Bevölkerung besteht aus Einwanderern, die Hebräisch in einem fortgeschrittenen Alter lernen, einer kleinen Minderheit von Arabern, die Hebräisch seit ihrer Kindheit sprechen, anderen Gruppen, die Hebräisch im reifen Alter lernen, und hebräischen Muttersprachlern."

Zwanzig Araber, die Hebräisch seit ihrem siebten oder achten Lebensjahr sprechen, und 20 Russen, die erst nach Vollendung ihres 13. Lebensjahrs mit dem hebräischen begonnen hatten, gewannen die Forscher für ein Experiment. Die Teilnehmer sollten einen Abschnitt aus einem auf Hebräisch geschriebenen Bericht vorlesen und mündlich ein Bild beschreiben, das ihnen vorgelegt wurde. Außerdem füllten sie einen Fragebogen aus, der ihr Verständnis für das Land Israel in 29 Aussagen ermittelte. Anschließend wurden die Tonaufnahmen, die von den Probanden gemacht wurden, 20 hebräischen Muttersprachlern vorgespielt. Diese sollten jeweils die Stärke des Akzents in den Hörproben auf einer Skala von eins bis fünf angeben.

Es zeigte sich, dass bei den Russen die Stärke des Akzents in eine direkte Verbindung mit ihrer Sympathie oder ihrem Verständnis für Israel in Verbindung gebracht werden konnte: Je geringer die Sympathie für Israel, desto stärker sprachen die Probanden Hebräisch mit russischem Akzent. Bei den Arabern ergab sich keine solche Korrelation. Vermutlich liegt dies daran, dass die arabischen Probanden alle lange vor der Pubertät Hebräisch gelernt hatten, in einer Phase also, in der noch ein quasi-muttersprachlicher Spracherwerb möglich ist.

© Wissenschaft aktuell.
Quelle: "Speaking Hebrew with an accent: Empathic capacity or other nonpersonal factors", Raphiq Ibrahim, Zohar Eviatar, Mark Leikin; International Journal of Bilingualism, Sept. 2008; Vol. 12: S. 195 - 207.


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg