Demenzrisiko: Instabiler Blutdruck im Alter

Bei älteren Menschen mit stark schwankenden Blutdruckwerten lassen kognitive Hirnfunktionen im Alter schneller nach
Schwankender Blutdruck im Alter könnte ein Hinweis auf erhöhtes Demenzrisiko sein.
Schwankender Blutdruck im Alter könnte ein Hinweis auf erhöhtes Demenzrisiko sein.
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Chapel Hill (USA) - Wer im mittleren Lebensalter unter Bluthochdruck leidet, hat ein erhöhtes Risiko, später Gedächtnisprobleme und andere kognitive Störungen zu entwickeln. Doch bei älteren Menschen sind es eher die Schwankungen der Blutdruckwerte und weniger die Höhe der Werte selbst, die Hinweise auf das Demenzrisiko liefern, berichten jetzt amerikanische Forscher im Fachblatt „Hypertension”. In ihrer Studie nahmen kognitive Hirnfunktionen umso schneller ab, je stärker die Blutdruckwerte von 55- bis 64-Jährigen im Verlauf einiger Jahre schwankten. Zur Vorbeugung würde es sich daher vielleicht als wirksamer erweisen, für einen stabilen Blutdruck zu sorgen, anstatt nur blutdrucksenkende Medikamente einzusetzen.

„Schwankender Blutdruck könnte ein Zeichen für einen instabilen Blutkreislauf sein, der möglicherweise die feinen Blutgefäße des Körpers schädigt und dadurch auch die Hirnfunktion beeinträchtigt“, sagt Bo Qin, Mitglied der Arbeitsgruppe von Michelle Mendez an der University of North Carolina in Chapel Hill. „Solche Schwankungen des Blutdrucks könnten ein Hinweis auf Krankheitsprozesse sein, beispielsweise eine Entzündung oder eine gestörte Funktion der Gefäße selbst.“ So hätten frühere Untersuchungen bereits ergeben, dass monatliche oder jährliche Blutdruckmessungen Rückschlüsse auf das Herzinfarktrisiko erlauben, wenn dazu nicht der durchschnittliche Wert, sondern das Ausmaß der Schwankungen herangezogen werde.

Die Forscher werteten Daten von 976 Menschen aus, die an einer chinesischen Langzeitstudie teilnahmen und zu Beginn älter als 54 Jahre waren. Im Abstand von durchschnittlich 3,2 Jahren wurden Blutdruckwerte dokumentiert. Im Zeitraum von fünf Jahren hatten Ärzte durch verschiedene Tests das Wortgedächtnis und generelle kognitive Fähigkeiten beurteilt. Zu Beginn der prospektiven Studie lag der systolische Blutdruck aller Probanden im Schnitt bei etwa 130, der diastolische Wert bei 81 mm Hg.

Die beiden aus allen Messungen berechneten Durchschnittswerte für den systolischen und diastolischen Blutdruck einer Person standen in keinem Zusammenhang mit dem Nachlassen kognitiver Hirnleistungen. Menschen mit höherem Blutdruck unterschieden sich in dieser Hinsicht also nicht von denen mit normalen Werten. Aber je stärker die Schwankungen der Messwerte für den systolischen Blutdruck waren, desto rapider verschlechterten sich die Hirnfunktionen. Für den diastolischen Blutdruck traf dies nur auf die Altersgruppe der Menschen unter 65 Jahren zu. Bei der statistischen Auswertung hatten die Forscher Einflussfaktoren wie Alter, Bildungsstand, Tabakkonsum, körperliche Aktivität und frühere Erkrankungen berücksichtigt.

Ärzte sollten die Schwankungen der gemessenen Blutdruckwerte eines Patienten mehr beachten und nicht nur die Mittelwerte der Messungen berücksichtigen, sagt Qin. „Die Instabilität des Blutdrucks zu kontrollieren, wäre vielleicht eine mögliche Strategie, um kognitive Funktionen älterer Menschen zu erhalten.“ Ein stark schwankender Blutdruck könnte die Wände der Blutgefäße im Gehirn schädigen, das Infarktrisiko erhöhen, die Blut-Hirn-Schranke durchlässiger machen und so Hirnfunktionen stören, vermuten die Autoren. Andere Forscher konnten zeigen, dass bei Alzheimer-Patienten beide Blutdruckwerte stärker schwanken als bei gleichaltrigen Gesunden. Dagegen ließ sich nicht eindeutig nachweisen, ob eine Behandlung mit blutdrucksenkenden Mitteln das Demenzrisiko bei Bluthochdruck verringern kann.

Als Beobachtungsstudie kann diese Untersuchung einen ursächlichen Zusammenhang nicht beweisen. Dazu wären Interventionsstudien nötig, in denen eine Gruppe der Teilnehmer so behandelt wird, dass sich ihr Blutdruck stabilisiert. Größere Langzeitstudien müssten prüfen, ob ein instabiler Blutdruck als zuverlässiges Merkmal für stärker nachlassende Hirnfunktionen im Alter geeignet ist.

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