Straßenbeleuchtung beeinflusst das morgendliche Vogelkonzert doch nicht

Der vorgezogene Gesangsbeginn in der Nähe von Straßen und Siedlungen liegt nicht an der Lichtverschmutzung
Künstlich erhellte Straßen haben bei üblicher Beleuchtungsstärke keinen Einfluss auf den Beginn des morgendlichen Vogelkonzerts.
Künstlich erhellte Straßen haben bei üblicher Beleuchtungsstärke keinen Einfluss auf den Beginn des morgendlichen Vogelkonzerts.
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Seewiesen - Die dauerhafte nächtliche Beleuchtung von Straßen und großen Gebäuden kann das natürliche Verhalten von Vögeln, Insekten und anderen Tieren stören. So hatten mehrere Untersuchungen einen Zusammenhang zwischen einer solchen Lichtverschmutzung und einem früheren Beginn des Morgengesangs der Singvögel ergeben. Doch ob in diesem Fall die künstliche Helligkeit tatsächlich die Ursache der Verhaltensänderung ist, haben erst jetzt deutsche und niederländische Ornithologen überprüft. Einen Monat lang beleuchteten sie Waldwege mit Straßenlampen, ohne Auswirkungen auf den morgendlichen Gesang der Vögel feststellen zu können. Demnach sind die Ergebnisse früherer Beobachtungen eher auf andere Faktoren zurückzuführen, beispielsweise auf den erhöhten Lärmpegel in der Nähe von Straßen und Wohngebieten, berichten die Biologen im Fachblatt „Royal Society Open Science“.

„Der Zusammenhang zwischen einem verfrühten Gesangsbeginn und künstlicher Beleuchtung könnte auf anderen anthropogenen Faktoren beruhen oder auf biologischen Unterschieden zwischen Vögeln in ländlichen und stadtnahen Gebieten“, schreiben die Forscher um Arnaud Da Silva vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen. Sie wählten acht bisher unbeleuchtete Waldgebiete in den Niederlanden aus, die abseits von Siedlungen lagen und durch die einige jeweils hundert Meter lange Wege führten. An jedem Weg wurden fünf vier Meter hohe Straßenlampen installiert, zwei im Waldesinneren und die anderen im Gelände davor oder am Waldrand. Zwischen den Wegen lag ein Abstand von 90 bis 390 Metern. Die Beleuchtung erfolgte durch weißes, grünes oder rotes Licht bei einer für normale Straßenlampen üblichen Beleuchtungsstärke. Als Kontrolle diente ein völlig unbeleuchtetes Waldstück. In der Hauptbrutsaison zeichneten die Biologen jeden Tag den Vogelgesang in der Zeit von 3,5 Stunden vor bis 1 Stunde nach Sonnenaufgang auf. Von Mitte April bis Mitte Mai registrierten sie täglich den Zeitpunkt des ersten Liedes für die 14 häufigsten dort vorkommenden Vogelarten.

In allen Fällen ergaben sich keine statistisch relevanten Unterschiede zwischen dem Gesangsbeginn in den beleuchteten Waldgebieten und den unbeleuchteten Kontrollen. Auch die Farbe des Lichts spielte keine Rolle. Einige Vogelarten wie Trauerschnäpper, Kohl- und Blaumeisen brüteten sogar in unmittelbarer Nähe der Lampen, ohne ihr Gesangsverhalten zu ändern. Bei früheren Untersuchungen hatten andere Forscher zum Beispiel bei Meisen, Drosseln und Rotkehlchen einen vorgezogenen Beginn der Gesangsaktivität in der künstlich erhellten Umgebung von Straßen beobachtet. Dabei konnten aber störende Einflussfaktoren wie größerer Lärm, höhere Temperaturen und leichter erreichbare Vogelfutterplätze aufgrund der Stadtnähe nicht ausgeschlossen werden. Die Autoren halten es für möglich, dass sie mit deutlich höheren Beleuchtungsstärken in ihrer Versuchsanordnung doch einen früheren Gesangsbeginn auslösen könnten. Die für Landstraßen üblichen Beleuchtungsstärken seien aber offenbar für den Vogelgesang unbedenklich. Ob die Lichtverschmutzung andere Merkmale wie Hormonspiegel, Schlafqualität oder Brutverhalten beeinflusst, ist bislang nicht geklärt.

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