Schwangerschaftshormon verändert Darmflora

Erhöhte Produktion von Progesteron gegen Ende der Schwangerschaft fördert Vermehrung von Bifidobakterien, die später auch den Darm des Neugeborenen besiedeln
Bifidobacterium longum im Elektronenmikroskop
Bifidobacterium longum im Elektronenmikroskop
© Julie6301 / Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de
Safed (Israel) - Im letzten Drittel der Schwangerschaft verändert sich bei Frauen die Zusammensetzung ihrer Darmflora stark. Unter anderem erhöht sich der Anteil an Bifidobakterien. Diese Darmbakterien zählen zur vorherrschenden Keimart im Darm des Säuglings. Wie israelische Forscher jetzt zeigen konnten, begünstigt das Schwangerschaftshormon Progesteron die Vermehrung von Bifidobakterien. Das unterstützt möglicherweise den erfolgreichen Verlauf der Schwangerschaft und fördert gleichzeitig die Gesundheit der Frau und die Entwicklung des Neugeborenen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Cell Reports“.

„Unsere Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse zur Beziehung zwischen Hormonen und Darmbakterien während der Schwangerschaft“, sagt Omry Koren von der Bar-Ilan University in Safed. In Versuchen mit Mäusen und Laborkulturen hat seine Forschergruppe herausgefunden, was die starke Veränderung des Artenspektrums der Darmflora verursachen könnte. Zunächst analysierten die Wissenschaftler Stuhlproben von 35 Schwangeren aus jeweils dem ersten und letzten Drittel der Schwangerschaft. Der Vergleich ergab, dass der Anteil an Bifidobakterien und einiger anderer Mikroben am Ende der Schwangerschaft deutlich höher war als zu Beginn. Bei Clostridien und einigen Bacteroides-Arten war es genau umgekehrt.

Auch die Darmflora trächtiger Mäuse enthielt prozentual etwa viermal mehr Bifidobakterien als die von nicht trächtigen Weibchen. Um zu prüfen, ob dafür das Schwangerschaftshormon Progesteron verantwortlich ist, transplantierten die Forscher nicht trächtigen Weibchen Progesteronpräparate unter die Haut, die das Hormon drei Wochen lang freisetzten. Wie bei einer Schwangerschaft stieg dabei der Anteil an Bifidobakterien im Darm an. Wurden Kotproben weiblicher Mäuse in einer Nährlösung mit Progesteron versetzt und unter sauerstofffreien Bedingungen elf Tage bebrütet, erhöhte sich der relative Anteil an Bifidobakterien von 2,5 auf 16 Prozent. Damit wiesen Tierversuche und In-vitro-Experimente auf das Hormon als Ursache für die Vermehrung von Bifidobakterien hin, schreiben die Autoren.

Aus anderen Untersuchungen sei bekannt, dass Schwangere mit unterdurchschnittlichen Keimzahlen an Bifidobakterien ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt haben. Es gebe auch Hinweise auf eine immunstimulierende und den Zuckerstoffwechsel normalisierende Wirkung dieser Darmbakterien. Abgesehen von diesen positiven Auswirkungen auf den mütterlichen Organismus fördern Bifidobakterien auch die Gesundheit des Neugeborenen. Denn diese Mikroben gelangen bei der Geburt und beim Stillen von der Mutter in den Darm des Kindes. Dort helfen sie dem Säugling bei der Verdauung und unterstützen die Reifung des Immunsystems. Noch ist nicht geklärt, auf welche Weise ein erhöhter Progesteronspiegel die Vermehrung von Bifidobakterien ankurbelt. Vielleicht nutzen die Bakterien das Hormon als zusätzlichen Nährstoff oder es aktiviert Rezeptoren, die wachstumsfördernde Prozesse in Gang setzen.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg