Schon Schulanfänger kennen ethnische Ausgrenzung

Zugehörigkeit zu einer Minderheit beeinflusst Schulangst und Leistungsfähigkeit
Los Angeles (USA) - An einer ungewohnten Hautfarbe oder Augenform lassen sich ethnische Minderheiten leicht erkennen - und ausgrenzen. Das Stigma, nicht zur Mehrheit zu gehören, kennen schon Kinder in den ersten Grundschuljahren, wie jetzt US-Forscher belegen. Sie befragten erstmals Zweit- und Viertklässler unterschiedlichster Abstammung. Die Ausgrenzung und das Gefühl von Minderwertigkeit fördern die Angst vor der Schule und kann auf die Leistung schlagen, berichten die Forscher im Fachblatt "Child Development". Bei manchen Kindern allerdings, so zeigte die Befragung, führt die Stigmatisierung offenbar zu höherer Schulleistung. Bei ihnen überwiegt trotz oder wegen der Ausgrenzung das Gefühl von Zugehörigkeit zu Schulkameraden, was das Interesse an der Schule positiv beeinflusst.

"Kinder von ethnischen Minderheiten sind sich des Stigmas bewusster als europäisch-amerikanische Kinder. Dieses Bewusstsein ist üblicherweise mit höherer Schulangst und weniger intrinsischer Motivation verbunden", schreiben die Forscher um Cari Gillen-O'Neal von der University of California, Los Angeles (UCLA). Gemeinsam mit Kollegen der New York University hatten sie 451 Kinder zwischen 6 und 11 Jahren an New Yorker Grundschulen befragt. Diese hatten unterschiedliche ethnische Wurzeln: afroamerikanisch, chinesisch, dominikanisch und russisch sowie europäisch-amerikanisch, die in der Region die Mehrheit stellen. Frühere Studien hatten sich nur auf jugendliche und erwachsene Afroamerikaner konzentriert. Alle Kinder beantworteten Fragen zu möglicher Stigmatisierung, Schulangst, Schulinteresse und Zugehörigkeitsgefühlen in der Schule.

Minderheitsgefühl kann auch anspornen

Wie erwartet, erkannten schon die Zweitklässler die ethnischen Unterschiede und waren sich möglicher Stigmatisierung bewusst - bewusster als Kinder der ethnischen Mehrheit. Wie bei älteren Kindern auch führt dies zu gesteigerter Schulangst. Nach gängiger Lehrmeinung ist damit auch eine niedrige intrinsische Leistungsmotivation verbunden: eine Motivation, die durch innere Einstellung statt durch äußere Erwartungen gesteuert wird.

Überraschenderweise stellten die Forscher bei einigen Schülern aber eine gesteigerte intrinsische Motivation fest. So zeigten vor allem die Kinder dominikanischer Herkunft eine höhere Lernmotivation. Dies scheint mit einem Zugehörigkeitsgefühl zusammen zu hängen: Die enge Verbundenheit mit Menschen an der Schule förderte ihr Interesse an der Schule und am Lernen selbst. Die Forscher schlagen vor, ihre Ergebnisse in Interventionsprogramme einfließen zu lassen. Förderprogramme an Schulen sollten nicht nur dafür sorgen, ethnische Unterschiede unwichtig werden zu lassen - sie sollten auch für eine enge persönliche Anbindung der Kinder an andere Schüler, Lehrer und Personal sorgen.

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Quelle: "Ethnic Stigma, Academic Anxiety, and Intrinsic Motivation in Middle Childhood", Cari Gillen-O’Neel, Diane N. Ruble, Andrew J. Fuligni; Child Development, DOI: 10.1111/j.1467-8624.2011.01621.x


 

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