Leukämie: Nabelschnurblut statt Knochenmark

Dank anwendungsreifer Vermehrungstechnik im Labor wurden erstmals Stammzellen aus Nabelschnurblut statt Knochenmarkszellen zur Behandlung von Leukämiepatienten eingesetzt
Bindungsstelle des Rezeptorproteins Notch-1
Bindungsstelle des Rezeptorproteins Notch-1
© Hannes Röst
Seattle (USA) - Für eine Knochenmarkstransplantation fehlt oft ein passender Spender. Als Alternative könnten künftig Stammzellen aus Nabelschnurblut verwendet werden, berichten amerikanische Forscher. Es ist ihnen gelungen, solche Stammzellen im Labor auf mehr als das Hundertfache zu vermehren. Nach Übertragung auf Leukämiepatienten nisteten sich die Zellen im Knochenmark ein und erzeugten gesunde Blutzellen. Ohne die vorgeschaltete Zellvermehrung würde dieser Prozess doppelt so lange dauern und dadurch das Infektionsrisiko erhöhen. Größere Studien müssen nun zeigen, ob das neue Verfahren die Überlebenschancen der Patienten erhöht, schreiben die Mediziner im Fachjournal "Nature Medicine".

"Wir haben gezeigt, dass man Stamm- und Vorläuferzellen im Labor vermehren kann, so dass daraus nach der Übertragung auf einen Patienten sehr schnell weiße Blutkörperchen und andere Bestandteile des Blutes hervorgehen können", sagt Colleen Delaney aus dem Forschungsteam von Irwin Bernstein am Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle. Normalerweise werden Leukämiepatienten mit Knochenmarksstammzellen eines Spenders behandelt, dessen immunologischen Merkmale mit denen des Empfängers gut übereinstimmen müssen. Im Gegensatz dazu sind die Stammzellen im Nabelschnurblut für jeden Patienten geeignet, da sie kaum Abstoßungsreaktionen auslösen. Allerdings ist die in einer Einheit Nabelschnurblut enthaltene Zahl der Zellen sehr viel geringer als die einer Knochenmarkspende. Bei Patienten, denen mangels geeignetem Spender Stammzellen aus Nabelschnurblut übertragen werden, dauert es daher viel länger, bis sich die Zellen im Knochenmark etabliert haben und ausreichende Mengen gesunder Blut- und Immunzellen bilden.

Die Forscher hatten in früheren Arbeiten bereits herausgefunden, dass sich Stammzellen aus dem Nabelschnurblut in einer Laborkultur vermehren lassen, indem man den so genannten Notch-Signalweg aktiviert. Dabei löst die Bindung eines Liganden an dem Notch-Rezeptorprotein Reaktionen in der Zelle aus, die bestimmte Gene ein- oder ausschalten. Durch Einsatz solcher Liganden in einem Zellkultursystem gelang es den Forschern den Gehalt an Stammzellen im Nabelschnurblut um das 164fache zu erhöhen. Injiziert in Mäuse, konnten diese Zellen die zuvor zerstörten Knochenmarkszellen der Tiere schnell ersetzen und neue Blutzellen bilden. In einer Phase-1-Studie transplantierten die Mediziner die vermehrten Stammzellen zusammen mit nicht vermehrten Stammzellen aus Nabelschnurblut in zehn Leukämiepatienten. Dadurch verkürzte sich die Zeit, bis die übertragenen Zellen eine stabile Population Blut bildender Knochenmarkszellen bildeten, von vier auf zwei Wochen. Weitere Studien sollen den Erfolg dieses Verfahrens nun überprüfen.

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Quelle: "Notch-mediated expansion of human cord blood progenitor cells capable of rapid myeloid reconstitution", Colleen Delaney et al., Nature Medicine, Online-Publikation, DOI: 10.1038/nm.2080


 

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