Angriff auf das Innere von Tumorzellen

Neue Antikörper eröffnen überraschende Wege der Krebstherapie
Kristallstruktur des monoklonalen Antikörpers Cetuximab (Erbitux), Fab-Fragment
Kristallstruktur des monoklonalen Antikörpers Cetuximab (Erbitux), Fab-Fragment
© Oguenther / Wikimedia Commons
Singapur (Singapur) - So wie das Immunsystem Bakterien und Viren eliminiert, kann es auch Krebszellen an typischen Merkmalen erkennen und abtöten. Doch bisher glaubte man, dass Antikörper nur solche Proteine angreifen können, die sich an der Zelloberfläche befinden. Jetzt kommen Experimente von Forschern aus Singapur zu dem überraschenden Ergebnis, dass Antikörper auch in der Lage sind, Proteine im Innern von Krebszellen aufzuspüren und dadurch das Tumorwachstum zu hemmen. Das ermöglicht die Entwicklung zahlreicher neuer therapeutischer Antikörper und neue Formen der Krebsimpfung, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Science Translational Medicine".

"Unsere Arbeit eröffnet mögliche Wege für zukünftige Krebstherapien", erklären die Forscher um Qi Zeng vom Institute of Molecular and Cell Biology in Singapur. Sie experimentierten mit Mäusen, die unterschiedliche Arten von Tumoren entwickelten. Gegen jeweils ein Protein, das im Innern von drei Krebszelltypen produziert wurde, erzeugten sie monoklonale Antikörper. Diese sogenannten Immunglobuline besitzen Bindungsstellen, mit denen sie gezielt an eine einzige Molekülstruktur andocken können. Bisher war man der Überzeugung, dass solche Antikörper für eine Immuntherapie ungeeignet wären, wenn ihr Ziel im Innern der Krebszelle liegt. Doch die Forscher konnten damit bei den Mäusen das Wachstum von Tumoren stoppen. Auch eine Impfung, die das Immunsystem der Tiere dazu anregte, derartige Antikörper zu erzeugen, hemmte das Tumorwachstum und die Entwicklung von Metastasen und verlängerte die Lebensdauer der Mäuse. Eine Krebsimpfung wäre nicht nur wesentlich kostengünstiger als die Immuntherapie mit aufwendig hergestellten monoklonalen Antikörpern. Sie könnte auch für einen anhaltenden Krebsschutz sorgen und Rückfälle nach der Erstbehandlung verhindern.

Wie die erstaunliche Wirkung allerdings zu erklären ist, bleibt vorerst rätselhaft. Entweder gelingt es den relativ großen Antikörper-Molekülen, irgendwie in die Krebszellen einzudringen und dort das jeweilige Krebsprotein zu blockieren. Oder ein Anteil der Krebsproteine, die normalerweise im Zellinnern verbleiben, gelangt an die Oberfläche der Zelle und wird dort von den Antikörpern gebunden, was weitere Immunreaktionen auslösen würde. Zurzeit werden nur wenige monoklonale Antikörper - darunter Trastuzumab (Handelsname: Herceptin), Cetuximab (Handelsname: Erbitux) und Rituximab (Handelsnamen: MabThera) - erfolgreich zur Immuntherapie gegen bestimmte Krebsformen eingesetzt. Diese Antikörper koppeln an Proteinstrukturen an der Oberfläche von Krebszellen. Inzwischen sind aber auch zahlreiche Proteine bekannt, die im Innern von Krebszellen in viel größeren Mengen vorkommen als in normalen Zellen. Daher besteht nun die Möglichkeit, weitere, für die unterschiedlichen Krebsarten maßgeschneiderte Antikörper herzustellen oder deren Produktion durch Impfstoffe anzuregen.

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Quelle: "Targeting Intracellular Oncoproteins with Antibody Therapy or Vaccination," by Ke Guo et al.; Science Translational Medicine, Vol. 3, Issue 99, 99ra85, www.ScienceTranslationalMedicine.org


 

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