Zugvögel vor dem Abflug: Doping mit Omega-3-Fettsäuren

Ottawa (Kanada) - Wenn die Sandstrandläufer aus dem Norden Kanadas ihren Flug nach Südamerika antreten, legen sie einen Zwischenstopp an der Ostküste, an der Bay of Fundy, ein. Hier ernähren sie sich überwiegend von Schlickkrebsen und nehmen damit große Mengen an Omega-3-Fettsäuren auf. Kanadische Forscher konnten jetzt in Fütterungsversuchen mit anderen Vögeln zeigen, dass diese Spezialnahrung einen regelrechten Dopingeffekt hat: Sie führt in kurzer Zeit zu einer beträchtlichen Leistungssteigerung der Flugmuskulatur. Das sei wahrscheinlich die Voraussetzung dafür, dass die kleinen Zugvögel ihre lange Flugstrecke überhaupt bewältigen können, schreiben die Biologen im "Journal of Experimental Biology".

Was Leistungssportler nur durch Doping oder nach mehrwöchigem Ausdauertraining erreichen, gelingt den Sandstrandläufern (Calidris pusilla) allein dadurch, dass sie zwei Wochen lang Krebse mit einem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren fressen. Das schließen Jean-Michel Weber von der University of Ottawa und seine Kollegen aus Experimenten mit Virginiawachteln - Versuchstieren, die selbst keine Zugvögel sind. Sechs Wochen lang fütterten die Forscher diese Vögel mit einzelnen oder einem Gemisch zweier Omega-3-Fettsäuren. Danach hatte die Leistung der Brustmuskulatur - gemessen durch den Sauerstoffverbrauch - erstaunlich stark zugenommen. Auch die Aktivität von Enzymen des Energiestoffwechsels verstärkte sich in ähnlichem Maß wie bei den Sandstrandläufern. Die Biologen konnten nachweisen, dass die Fettsäuren gleichmäßig verteilt in alle Membranstrukturen der Muskelzellen eingelagert wurden. Wie allerdings der Dopingeffekt zustande kommt, konnten sie bisher nicht klären.