Winterschlaf: Wie Bären ihre Knochen vor dem Abbau schützen

Während der Ruhephase ruhen auch jene Prozesse, die sonst für die ständige Erneuerung der Knochen sorgen
Schwarzbär, der es sich auf einem Ast bequem gemacht hat
Schwarzbär, der es sich auf einem Ast bequem gemacht hat
© Shutterstock, Bild 102828842
Fort Collins (USA) - Das Skelett braucht Aktivität. Werden Knochen nicht stets ausreichend benutzt und belastet, drohen sie sich abzubauen und werden zunehmend instabil. Das ist zum Beispiel eine Gefahr für Astronauten in der Schwerelosigkeit oder bettlägerige Patienten. Schwarzbären aber haben offensichtlich eine Patentlösung gegen dieses Problem entwickelt. Denn obwohl sie sich in ihrem monatelangen Winterschlaf so gut wie gar nicht rühren, leidet ihre Knochensubstanz kaum darunter. Nun berichtet ein Team internationaler Forscher im Fachblatt „Journal of Experimental Biology”: Die imposanten Raubtiere schützen ihre Knochen, indem sie während der Ruhephase deren permanente Erneuerungsprozesse unterbrechen. Das zeigen Analysen von Knochenproben sowie von bestimmten Hormonen und Enzymen im Blut, die an diesen Prozessen beteiligt sind.

„Bären im Winterschlaf sind wahre Stoffwechselwunder”, schreiben Seth Donahue von der Colorado State University und Kollegen. „Sie können körperlich inaktiv und übergewichtig sein, ohne Komplikationen wie Herzkrankheiten, Muskelschwund und Diabetes zu entwickeln.” Bisherige Studien darüber, wie die Knochen von Bären unbeeinträchtigt den Winterschlaf überstehen, kamen nicht zu einheitlichen Ergebnissen. Für ihre aktuelle Untersuchung hatten Donahue und Kollegen Anfang Oktober Schwarzbärinnen eingefangen, in einem Gehege einer Bärenforschungsstation untergebracht und Ende Mai wieder in die Freiheit gelassen. Die Tiere blieben so eine komplette Winterschlafperiode unter Beobachtung der Forscher, die alle zehn Tage Blutproben nahmen. Diese Blutproben untersuchten sie auf eine Reihe von Substanzen, von denen sie vermuteten, dass diese Auswirkungen auf die Beschaffenheit der Knochen haben könnten. Außerdem analysierten sie auch Gewebeproben vom Knochen, die sie bei zwei der Bärinnen zu unterschiedlichen Zeitpunkten entnommen hatten.

Vor und nach dem eigentlichen Winterschlaf, der etwa von Januar bis April dauert, wird der Stoffwechsel der Tiere langsam herunter- beziehungsweise wieder hochgefahren. Über einen Zeitraum von mehreren Wochen werden die Bären im Herbst zunehmend inaktiver und fressen weniger beziehungsweise legen im Frühling an Aktivität zu und fressen dann auch wieder mehr. Zeigten die Bärinnen in der Gefangenschaft Anzeichen von Stress, ließen die Forscher sie umgehend wieder frei. Letztlich gingen die Daten von 13 Bärinnen in die Analysen ein.

Normalerweise wird alte Knochensubstanz ständig durch neue ersetzt, indem Osteoklasten Gewebe abbauen und Osteoblasten neues aufbauen. Diese sogenannte Knochengeweberemodellierung wirkt Verschleißerscheinungen entgegen, repariert Strukturschäden und sorgt somit dafür, dass der Skelettapparat intakt und funktionstüchtig bleibt. Bei den Bären aber fanden die Forscher einige Anzeichen dafür, dass dieser Mechanismus in der Ruheperiode unterdrückt wird: Während des Winterschlafs sanken die Werte bestimmter Enzyme im Blut, die ein Anzeichen für Knochengeweberemodellierung sind. Ebenso sank die Menge an Osteoblasten auf der Knochenoberfläche, von 2 Prozent vor dem Winterschlaf auf 0,15 Prozent. Außerdem stieg die Menge eines Hormons, das den Knochenabbau reduziert, um das 15-Fache an.

Es ist naheliegend, dass das Einstellen dieser Umbaumechanismen dazu beiträgt, dass der Knochen sich trotz der fehlenden körperlichen Belastung während der Winterruhe nicht abbaut. Die Forscher nehmen an, die Ergebnisse und weitere Untersuchungen der einzigartigen Stoffwechselprozesse von Bären im Winterschlaf könnten durchaus neue Ansätze für das Verständnis und die Behandlung menschlicher Krankheiten bringen.

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