Wie Chlorbleiche Bakterien tötet
"Bei hohen Temperaturen verlieren Proteine ihre dreidimensionale Molekülstruktur. Dann lagern sie sich zusammen und bilden große, unlösliche Aggregate - das passiert beispielsweise beim Eierkochen", sagt Jeannette Winter aus dem Forschungsteam von Ursula Jakob an der University of Michigan in Ann Arbor. Die Forscher konnten nachweisen, dass bereits geringe Hypochloritkonzentrationen eine ganz ähnliche Wirkung auf Proteine haben. Allerdings besitzen Bakterien ein Stressprotein, das Chaperon Hsp33, mit einer ungewöhnlichen Eigenschaft: "Wir gehen normalerweise davon aus, dass alle Proteine ihre räumliche Struktur behalten müssen, um aktiv zu sein. Doch das Chaperon Hsp33 muss seine räumliche Struktur verlieren, damit es aktiv werden kann", sagt Jakob. Erst wenn das Chaperon durch Einwirkung von Hypochlorit teilweise denaturiert wird, ist es in der Lage, sich schützend an andere Proteine anzulagern und deren Aggregatbildung zu verhindern.
Genetisch veränderte E. coli-Bakterien, denen das Gen für Hsp33 fehlt, wurden durch Hypochlorit deutlich schneller abgetötet als normale Bakterien. Der Schutzmechanismus kommt den Mikroben bei einer Infektion zugute. Denn bestimmte Immunzellen produzieren unter anderem Hypochlorit, um die Eindringlinge abzuwehren. Eine länger andauernde Freisetzung von Hypochlorit könnte auch für Gewebeschäden verantwortlich sein, die bei chronischen Entzündungen auftreten, vermutet Jakob. Möglicherweise würden weitere Untersuchungen dazu beitragen, Maßnahmen zu entwickeln, um solche Schäden zu verhindern.