Wie Chlorbleiche Bakterien tötet

Das im Bleichmittel enthaltene Hypochlorit zerstört die Struktur von Proteinen, aktiviert aber auch Schutzproteine, die Bakterien widerstandsfähiger machen können
Modell der räumlichen Struktur eines Proteins (Myoglobin)
Modell der räumlichen Struktur eines Proteins (Myoglobin)
© AzaToth
Ann Arbor (USA) - Chlorbleiche ist eines der ältesten Desinfektionsmittel und auch in verschiedenen Haushaltsreinigern enthalten. Doch erst jetzt haben amerikanische Forscher geklärt, auf welche Weise sie Bakterien abtötet. Chlorbleiche wirkt auf Eiweiße ähnlich wie Hitze: Die Proteinmoleküle verlieren ihre räumliche Struktur und verklumpen in einem nicht mehr umkehrbaren Prozess, so dass sie ihre Funktion nicht mehr erfüllen können. Allerdings besitzen viele Bakterien auch ein Stressprotein, das durch Hypochlorit, die Wirksubstanz von Chlorbleiche, aktiviert wird und dann andere Proteine schützt. Dieser Schutzmechanismus macht Mikroben wahrscheinlich widerstandsfähiger gegenüber der angeborenen Immunabwehr. Denn auch Immunzellen setzen Hypochlorit als Abwehrwaffe ein. Diese Immunreaktion könnte für Gewebeschäden bei chronischen Entzündungen mitverantwortlich sein, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Cell".

"Bei hohen Temperaturen verlieren Proteine ihre dreidimensionale Molekülstruktur. Dann lagern sie sich zusammen und bilden große, unlösliche Aggregate - das passiert beispielsweise beim Eierkochen", sagt Jeannette Winter aus dem Forschungsteam von Ursula Jakob an der University of Michigan in Ann Arbor. Die Forscher konnten nachweisen, dass bereits geringe Hypochloritkonzentrationen eine ganz ähnliche Wirkung auf Proteine haben. Allerdings besitzen Bakterien ein Stressprotein, das Chaperon Hsp33, mit einer ungewöhnlichen Eigenschaft: "Wir gehen normalerweise davon aus, dass alle Proteine ihre räumliche Struktur behalten müssen, um aktiv zu sein. Doch das Chaperon Hsp33 muss seine räumliche Struktur verlieren, damit es aktiv werden kann", sagt Jakob. Erst wenn das Chaperon durch Einwirkung von Hypochlorit teilweise denaturiert wird, ist es in der Lage, sich schützend an andere Proteine anzulagern und deren Aggregatbildung zu verhindern.

Genetisch veränderte E. coli-Bakterien, denen das Gen für Hsp33 fehlt, wurden durch Hypochlorit deutlich schneller abgetötet als normale Bakterien. Der Schutzmechanismus kommt den Mikroben bei einer Infektion zugute. Denn bestimmte Immunzellen produzieren unter anderem Hypochlorit, um die Eindringlinge abzuwehren. Eine länger andauernde Freisetzung von Hypochlorit könnte auch für Gewebeschäden verantwortlich sein, die bei chronischen Entzündungen auftreten, vermutet Jakob. Möglicherweise würden weitere Untersuchungen dazu beitragen, Maßnahmen zu entwickeln, um solche Schäden zu verhindern.

Cell
Quelle: "Bleach Activates A Redox-Regulated Chaperone by Oxidative Protein Unfolding", Jeannette Winter et al.; Cell, Vol. 135, p. 691 (2008), DOI 10.1016/j.cell.2008.09.024


 

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