Tuberkulose-Erreger profitieren von Lungengranulomen

Im Anfangsstadium der Infektion fördern granulombildende Immunzellen die Vermehrung der Mykobakterien in der Lunge
Mycobacterium tuberculosis im Rasterelektronenmikroskop
Mycobacterium tuberculosis im Rasterelektronenmikroskop
© Janice Carr, Centers for Disease Control and Prevention
Seattle (USA) - Granulome sind typische Merkmale der Lungentuberkulose: Immunzellen und andere Zellen bilden knotenartige Gewebe um die Infektionsherde. Dieser Prozess ist aber nicht nur, wie man bisher glaubte, eine Aktion der Immunabwehr zur Eindämmung der Infektion. Vielmehr fördern die Erreger selbst aktiv die Granulombildung, da sie anfangs sogar davon profitieren, berichten amerikanische Forscher. Ihre Experimente mit Zebrafischen zeigten, dass die Bakterien Botenstoffe freisetzen, die die Immunzellen anlocken, in denen sie sich vermehren. Möglicherweise könnten Wirkstoffe, die diesen Prozess verhindern, eine Tuberkuloseinfektion schon im Keim ersticken, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Cell".

"Die Bakterien nutzen die Granulome in der frühen Phase der Infektion, um sich zu vermehren und auszubreiten", sagt Lalita Ramakrishnan von der University of Washington in Seattle. Wenn Tuberkuloseerreger (Mycobacterium tuberculosis) in die Lunge gelangen, werden sie von Fresszellen, den Makrophagen, aufgenommen. Aber die Bakterien sind in der Lage, im Innern dieser Immunzellen zu überleben und sich zu vermehren. Aus der Ansammlung solcher und weiterer Zellen bilden sich die krankheitstypischen Granulome. Bevor die erworbene Immunabwehr das verhindert, können sich infizierte Makrophagen auch aus einem Granulom ablösen und neue Granulome an anderer Stelle in der Lunge bilden, sagt Ramakrishnan.

Zusammen mit Muse Davis untersuchte Ramakrishnan die Granulombildung bei Zebrafischen, die mit Mycobacterium marinum, einem Verwandten der Tuberkelbakterien, infiziert worden waren. Da diese Fische ganz durchsichtig sind, konnten die Forscher jeden einzelnen Schritt der Infektion in Echtzeit verfolgen. Es zeigte sich, dass sich ein Granulom schon wenige Tage nach der Infektion bildet, noch bevor die spezifische Immunabwehr aktiviert ist. Wurden mutierte Mykobakterien eingesetzt, denen ein System zur Freisetzung von Botenstoffen fehlte, verzögerte sich die Bildung der Granulome. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass die Bakterien bei diesem Prozess eine bisher unbekannte aktive Rolle spielen: Sie rufen die Zellen selbst herbei, in denen sie sich vermehren können. Erst wenn dann später die spezifische Immunabwehr wirksam wird, verwandeln sich die Granulome in abgekapselte Bereiche, in denen die Erreger in einem Ruhezustand verharren. Die Entstehung von Granulomen zu verhindern, könnte therapeutisch wirksam sein, sagt Ramakrishnan. Neue Therapien gegen die Tuberkulose seien dringend nötig, da die Erreger immer resistenter werden und die vorhandenen Mittel häufig unwirksam sind.

Cell Press
Quelle: "The Role of the Granuloma in Expansion and Dissemination of Early Tuberculous Infection", J. Muse Davis, Lalita Ramakrishnan, Cell, Vol. 136, p. 37, 2009, DOI: 10.1016/j.cell.2008.11.014


 

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