Tropentaugliche Lebendimpfstoffe

Eine schonende Dehydrierung macht auch Lebendimpfstoffe hitzestabil und dadurch geeigneter für den Einsatz in Entwicklungsländern
Auf einer Membran getrocknete Impfstoffe können schnell rehydriert und gespritzt werden
Auf einer Membran getrocknete Impfstoffe können schnell rehydriert und gespritzt werden
© Nova Bio-Pharma Technologies
Oxford (Großbritannien) - Impfstoffe, die lebende Erreger enthalten, müssen kühl gelagert und transportiert werden. In vielen Entwicklungsländern ist das nicht immer möglich oder mit hohen Zusatzkosten verbunden. Britische Forscher haben jetzt ein Verfahren entwickelt, um die Stabilität solcher Impfstoffe auch bei tropischen Temperaturen zu erhalten. Sie versetzten zwei Lebendimpfstoffe, die aus gentechnisch veränderten Virustypen bestanden, mit den Zuckern Saccharose und Trehalose. Beim langsamen Eintrocknen auf einer Membran bildete sich eine feste Schicht aus Viruspartikeln, die auch nach monatelanger Lagerung bei 45 Grad Celsius ihre biologische Aktivität behielten. Klinische Studien mit so vorbehandelten Impfstoffen sind bereits angelaufen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Science Translational Medicine".

"Wenn man Impfstoffe bei normalen Temperaturen verschicken könnte, würde man die Kosten stark verringern und es könnten viel mehr Menschen damit versorgt werden", sagt Matthew Cottingham vom Jenner Institute der University of Oxford. Er und seine Kollegen entwickelten in Zusammenarbeit mit zwei britischen Biotech-Firmen ein Verfahren, um Impfviren in einen hitzestabilen Trockenzustand zu überführen. Sie arbeiteten dabei mit gentechnisch veränderten Adeno- und Pockenviren, die als Überträger für neue Impfstoffe gegen Malaria, Grippe, Tuberkulose und AIDS eingesetzt werden sollen.

Zunächst versetzten sie Suspensionen dieser Viren mit den Zuckern Saccharose und Trehalose, die bereits als biologische Gefrierschutzmittel bekannt sind. Beim langsamen Eintrocknen auf einer Membran geht die Suspension über eine Art Sirup in einen so genannten Glaszustand über, der schließlich einen dünnen Film auf der Membran bildet. In diesem Zustand können auch bei höheren Temperaturen keine chemischen Reaktionen mehr ablaufen, so dass die Viren nicht geschädigt werden. Bei Kontakt mit Wasser kehren die Viruspartikel augenblicklich wieder in ihre biologisch aktive Form zurück. Der durch Zucker stabilisierte Trockenimpfstoff blieb sechs Monate bei 45 Grad Celsius stabil und zeigte nur geringe Aktivitätsverluste nach einem Jahr bei 37 Grad, wie immunologische Tests mit Mäusen ergaben.

"Wenn es gelungen ist, diese empfindlichen Viren zu stabilisieren, wird das bei anderen Impfstoffen wahrscheinlich noch leichter möglich sein", sagt Adrian Hill, ein Mitglied des Forschungsteams. Besonders praktisch ist es, sterile Plastikbehälter mit den auf einer Membran getrockneten Impfviren herzustellen, die sich auf Spritzen aufstecken lassen. Damit können die Viren gleichzeitig mit steriler Flüssigkeit aus der Spritze reaktiviert und verabreicht werden. So hergestellte Impfstoffe würden es erleichtern, große Impfaktionen in Entwicklungsländern durchzuführen und den Impfschutz der Kinder dort zu verbessern. Aber auch für neu entwickelte Lebendimpfstoffe, die zurzeit in klinischen Studien getestet werden, soll die neue Technik der Lager- und Transportfähigkeit zugute kommen.

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Quelle: "Long-Term Thermostabilization of Live Poxviral and Adenoviral Vaccine Vectors at Supraphysiological Temperatures in Carbohydrate Glass", Robert Alcock et al., Science Translational Medicine, Vol. 2 (19), 19ra12


 

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