Röntgen in ätzendem Tempo
"Bisher gelangen solche Untersuchungen nur bei sehr langsamen Veränderungen des Materials", erklärt Olaf Magnussen, Physikprofessor an der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU). Gemeinsam mit Wissenschaftlern der europäischen Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF) im französischen Grenoble richtete sein Team die intensive Röntgenstrahlung der ID32 Experimentierstation in Grenoble auf die Goldoberfläche, während diese sich in verdünnter Salzsäure auflöste. Die Reflexion des Röntgenlichts an der Oberfläche reagiert empfindlich auf kleinste Veränderungen der Atom-Anordnung, so dass eine Analyse dieses Lichts in Echtzeit den Abtrag -- oder beim Beschichten den Auftrag neuen Materials -- während des Vorgangs exakt wiedergeben kann.
Erstes Ergebnis des Experiments, das mit hundertmal schnellerer Messgeschwindigkeit mit dem Tempo bei Industrieproduktionen mithalten kann: Selbst derart schnelles Ätzen verläuft offenbar sehr gleichmäßig. "Der Werkstoff löst sich quasi Atomschicht für Atomschicht auf, ohne dass tiefere Löcher entstehen", so Magnussen. Ähnlich verläuft dies bei Beschichtungen, wie das Team in weiteren Experimenten beobachtete.
Die neue Methode dürfte das Herstellen hochfeiner elektronischer Bauelemente deutlich präziser steuern und optimieren lassen. Innerhalb weniger tausendstel Sekunden können die Hersteller nun direkt auf atomarer Ebene im realistischen Produktionsumfeld die gewünschten Veränderungen beim Ätzen oder Beschichten kontrollieren.
http://dx.doi.org/10.1021/ja1115748